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derStandard.at: Bundeskanzler Schüssel hat schon vor einem Jahr einmal eine EU-Steuer gefordert. Sie konnten der Sache zum damaligen Zeitpunkt nichts abgewinnen. Wie stehen Sie jetzt dazu?

Herbert Bösch: Die Idee einer eigenen Einnahmequelle für die EU habe ich stets befürwortet. Doch um dieses Vorhaben zu realisieren, muss der Zeitpunkt richtig sein. Das ist jetzt der Fall. Die laufenden Verhandlungen um den künftigen EU-Finanzrahmen zeigen, dass das derzeitige EU-Finanzsystem an seine Grenzen gestoßen ist. Die Eigenmittel, die Rabatte und die Sonderregelungen müssen endlich offen zur Debatte gestellt werden, um den EU-Haushalt klarer und besser verständlich zu gestalten.

derStandard.at: Was oder wer soll besteuert werden. Gar die EU-BürgerInnen?

Herbert Bösch: Ich denke, dass eine Kombination aus einer Schiff- und Luftfahrtsabgabe interessant erscheint, vor allem um der EU kurzfristig Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Langfristig könnte ich mir als Alternative eine unionsweite Unternehmensbesteuerung auf einheitlicher Bemessungsgrundlage vorstellen.

Die Umsetzung dieser Option ist zwar mit einem größerem administrativen und zeitlichen Aufwand verbunden, jedoch könnte man damit zwei Probleme gleichzeitig lösen: die EU erhält eine stabile Einnahmequelle und der "Steuerwettlauf nach unten" bei der Unternehmensbesteuerung wird beendet.

derStandard.at: Ist die EU-Steuer das einzige Steuerkonzept, das die EU Ihrer Meinung nach auf lange Sicht finanzieren könnte?

Herbert Bösch: Das derzeitige EU-Finanzsystem ist nicht transparent und für den EU-Bürger unverständlich. Dieser muss sich auf Aussagen verlassen, "Nettoempfänger" oder "Nettozahler" zu sein. Das Problem kann nur gelöst werden, wenn die Vielzahl an Einnahmearten und Sonderregelungen abgeschafft und schrittweise durch eine EU-Abgabe ersetzt wird. Das EU-Finanzierungssystem muss dabei gleichzeitig gerechter ausgestaltet werden und der EU mehr Finanzautonomie ermöglichen.

derStandard.at: Was sind die Nachteile?

Warum haben viele Bürger Angst vor einer EU-Abgabe? Sie befürchten zusätzliches Geld ins EU-Budget einzahlen zu müssen. Das ist nicht der Fall. Eine EU-Abgabe dient lediglich als Ersatz für das bisherige undurchsichtige Finanzierungssystem und bringt keine zusätzliche Belastung für die europäischen BürgerInnen.

Wichtig ist, dass wir jetzt Nägel mit Köpfen machen, und konkrete Gesetzesvorschläge gemacht werden. Ich erwarte mir von der österreichischen Präsidentschaft einen konkreten Vorstoß in diese Richtung.