Reinhart Gaugg hat Jörg Haider 1986 auf den Schultern getragen. Mittlerweile ist der Alko-Lenker aus der Politik ausgeschieden. Im Gespräch mit Michael Völker erinnert sich der Kärntner wehmütig an bessere Zeiten.

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STANDARD: Sie haben 1986 beim Innsbrucker Parteitag gemeinsam mit Siegfried Kampl den neuen FPÖ-Chef Jörg Haider auf den Schultern getragen. Warum waren Sie damals für Haider und gegen Steger?

Gaugg: Weil wir gerade in Kärnten mitbeobachtet haben, wie die FPÖ in der Koalition mit der SPÖ an Wählern und Themen nur mehr verloren hat und wir befürchten mussten, dass bei den kommenden Landtagswahlen ein Misserfolg nach dem anderen kommt. Die FPÖ hat sich damals in der Koalition unter Steger und Sinowatz nicht durchsetzen können.

STANDARD: Was konnte Haider besser als Steger?

Gaugg: Es war in Kärnten eine Aufbruchstimmung, es gab eine riesige Sympathie für Haider. Es war die Themenvielfalt, das Ansprechen der sozialen Bereiche, die unter Kreisky allein der SPÖ zugeordnet wurden. Der Unmut der Kärntner Bevölkerung gegenüber der FPÖ auf Bundesebene war ziemlich groß.

STANDARD: Haben Sie damals damit spekuliert, dass die Wahl von Haider zum FPÖ-Chef auch das Ende der Koalition bedeuten könnte?

Gaugg: Das war uns schon bewusst. Das Verhältnis zu Vranitzky war nicht das allerbeste, die Gefahr bestand, wie immer bei solchen Parteitagen.

STANDARD: Sehen Sie Parallelen zwischen der damaligen Regierungsbeteiligung der FPÖ und der heutigen Regierungsbeteiligung des BZÖ?

Gaugg: Ja. Es ist uns auch in der Koalition mit der ÖVP nicht gelungen, unsere Themen umzusetzen, beginnend mit dem Jahr 2000. Das hat sich praktisch bei allen Wahlen gezeigt - bis hin zur Spaltung mit der FPÖ. Das hat uns nicht gut getan.

STANDARD: Sehen Sie Parallelen zwischen dem Putsch Haiders gegen Steger und der heutigen Situation? Diesmal hat Haider gegen sich selbst geputscht.

Gaugg: Es war damals eine andere Situation, weil es eine direkte Konfrontation Steger-Haider gab. Das hat diesmal nicht stattgefunden, sondern es war eine Abspaltung des BZÖ. Strache hat kampflos übernommen.

STANDARD: Waren Sie in Ihrer politischen Laufbahn jemals von Haider enttäuscht?

Gaugg: Wo in einer Ehe oder in einer Partei ist man mit allem und jedem einverstanden? Natürlich gab es Streit und Ärger, aber das haben wir ausgesprochen und fertig. Was ich während meiner politischen Ära nicht verstanden habe, war, dass wir die soziale Komponente mit Regierungsbeitritt so vernachlässigt haben. Wenn ich da nur an die Ambulanzgebühr denke, wird mir heute noch schlecht.

STANDARD: Wie schätzen Sie jetzt die Chancen des BZÖ ein? Ist es gescheit, noch in der Regierung zu bleiben?

Gaugg: Es ist sicher vernünftiger, weil dann die Chance besteht, sich bis Oktober so zu formieren, dass man auch eine Chance hat, gewählt zu werden. Wenn jetzt die Koalition platzen würde, ich weiß nicht, ob das BZÖ die Kraft hätte, als Partei zu überleben.

STANDARD: Tut es Ihnen Leid, nicht mehr Politiker zu sein?

Gaugg: Irgendwo schon. Das hat man sich irgendwann einmal eingefangen, da wird man auch irrsinnig emotionalisiert. Ich war's gerne.

STANDARD: Werden Sie noch einen Anlauf nehmen, wieder politisch aktiv zu sein?

Gaugg: Sag niemals nie! Ich habe eine gewisse Popularität in Kärnten, auch wenn ich schon Blödsinn gemacht hab. Aber die Aktivitäten und Bemühungen im Interesse der Bevölkerung, das wird honoriert. Ja, das ist denkbar.