Bild-Copyright: Peter Garmusch spielt Wolfgang Amadeus Mozart, fotografiert von Natascha Hochenegg

Foto: Natascha Hochenegg

Die Stadt der Mozartkugeln war seine Sache nicht. Auch wenn man es nicht wahrhaben möchte, so schreibt Wolfgang Amadé in einem Brief an Vater Leopold: "ich schwöre ihnen bey meiner Ehre daß ich Salzburg und die ihnwonner (ich rede von gebohrnen Salzburgern) nicht leiden kann; - mir ist ihre sprache - ihre lebensart ganz unerträglich." Und so macht sich das erwachsene Wunderkind im März 1781 auf die weite Reise ins "Clavierland" auf. Eine ungemütliche Kutschenfahrt nach Wien. "Dieser Wagen stößt einem doch die Seele heraus! - und die Sitze! - hart wie stein!", klagt der geräderte Mozart über sein Gesäß, "vermutlich feüer Roth - zwey ganze Posten fuhr ich die Hände auf dem Polster gestützt, und den Hintern in lüften haltend."

Jede noch so lange Reise hat am Ende ein Ziel, in diesem Falle ist es die Hauptstadt mit ihren 200.000 Einwohnern. Mozarts erste Wohnungsschilderungen in der josephinischen Metropole erinnern ein wenig an heutiges Studentenleben, stellen Mozarts erste Jahre in Wien doch auch eine Art Protest gegenüber dem salzbürgerlichen Elternhaus dar. Seinem Vater schreibt er gewissentlich: "da habe ich mein hüpsches Zimmer; bin bey dienstfertigen leuten, die mir in allen, was man oft geschwind braucht, und - wenn man allein ist nicht haben kann - an die hand gehen."

In der Rauhensteingasse

Doch bald wird sich der verwöhnte Fratz regelrecht zu einem eitlen Großstadtmenschen von Welt gemausert haben. Zehn Jahre und 13 Wohnquartiere später bewohnt Wolfgang mit seiner Frau Constanze jene großzügige Wohnung in der Rauhensteingasse 8 (seine vorletzte Stätte). 330 Gulden Miete pro Jahr kostet die noble Bleibe mit ihren 145 Quadratmetern, doch das - immerhin - bei einem Jahresgehalt, das das Zehnfache dessen bei weitem übersteigt.

Eine recht hohe Tapeziererrechnung wird der Nachwelt als Beweisstück für die aufwändige Adaptierung erhalten bleiben. Reichtümer gibt es in der Wohnung nicht zu finden, dafür legt der moderne Amadé einen allzu zeitgenössischen Einrichtungsgeschmack an den Tag. Eine "Spanischewand", wie der Paravent zu der Zeit genannt wird, "Soffa, Diwan mit Überzuch", mehrere "lagirte Thürkastl", kein Möbelstück älter als zehn Jahre. Lediglich Mozarts geliebtes "grüne tuchene Billard mit 3 Baln und 12 Tacko und 17 Leichter" ist "nimer Bestens" beieinander, wie es in seinem Nachlass heißen wird. Gemeinsam mit dem "Forte-Biano mit Bedal" stellt es mit einem Wert von rund 60 Gulden dennoch das wertvollste Möbelstück der Wohnung dar.

Arbeit, Müßiggang, Turbulenzen

Das Arbeitspensum zwischen Opern, Konzerten und Symphonien ist dicht gedrängt, doch für ein wenig Müßiggang reicht die Zeit freilich immer, am liebsten mit einem morgendlichen Kugelspiel gegen sich selbst. "Nun meinen lebenslauf; - gleich nach Deiner Abseeglung Spielte ich mit Hr: von Mozart", schreibt er in einem Brief an seine geliebte Frau, "2 Parthien Billard." Im Gegenzug zu seiner Freizeit liebte Mozart bei seiner Arbeit jedoch den Lärm und das quirlige Treiben seines quirligen Haushalts. Vater Leopold sinniert von seinem Wien-Besuch: "ein schönes quartier mit aller zum Hauß gehörigen Auszierung", nichtsdestoweniger, "es ist ohnmöglich die schererey und Unruhe alles zu beschreiben." Verantwortlich dafür sind die vielen Hauskonzerte und Proben, ja sogar Faschingsbälle finden im Hause des Komponisten statt. Letztere Veranstaltung gar von so gründlicher Natur, dass den geschätzten Herren zwei Gulden abverlangt werden: "die chapeaus haben Jeder 2 gulden bezahlt. - wir haben abends um 6 uhr angefangen und um 7 uhr aufgehört; - was nur eine stunde? - Nein Nein - Morgens um 7 uhr", heißt es in einem Brief an den Vater.

Der geborene Großstädter also. Wolfgang Amadé, bisweilen über seine Verhältnisse lebend, ist dem urbanen Treiben nicht abgeneigt. Flexibel und mobil, legt er seit jeher Wert darauf, sich nicht von Mobiliar und Immobilien binden zu lassen. Selbst das epizentrale Klavier wandert beinahe täglich zwischen Zimmern. Aber diese Mobilität ist kein Grund, nicht stets das Beste vom Besten zu wollen: "weil ich nur die schönheit davon in betrachtung gezogen, und nicht den Preis." (Der Standard/rondo/27/01/2006)