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+++Pro Von Markus Mittringer

Nicht dass ich so etwas essen würde, aber missen möchte ich Schaumrollen nicht. Weil: Es geht ja doch immer und ausschließlich um Identität, es geht ja doch immer nur darum, dass man hat, was man nicht braucht, außer es fehlt urplötzlich. Und nicht auszudenken, was dann los wäre: nichts! Haltloses Taumeln würde sich einstellen, Herumirren ohne Ausweg, ewiges Dunkel.

Es gäbe zum Beispiel keine Riesenschaumrollen ohne normale Schaumrollen, es gäbe die mit dem Schokoladeguss nicht, wenn die ohne Schokoladeguss nicht da wären, man könnte sich überhaupt nicht mehr orientieren. Es gäbe nicht einmal ein Mozartjahr, geschweige denn Salzburg. Die Schaumrolle ist eine typische Akzidentie: vermeintlich unwichtig, letztlich aber unverzichtbar.

Ohne Schaumrollen kein Jahrmarkt, ohne Jahrmarkt kein Bayern ... und so weiter. Ohne Schamrolle kein Erbrechen, kein Initiationsritus, keine Firmpaten, und in der Folge auch keine goldene Uhren. Schaumrollen sind so wichtig wie Salzfässer oder Klimt-Bilder, sie müssen einfach da sein, sonst kommt kein Wohlbefinden auf, sonst ist eine Nation auf einmal keine Nation mehr.

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Contra---
Von Martin Grabner

"Mit dir war es schon als Kind im Prater lustig", erzählt Onkel Gustav. Wir sitzen bei einem gut gezapften Bier im Schweizerhaus. "Kannst du dich noch an den legendären Samstagnachmittag erinnern, wo du der Tante Mitzi das schöne neue Kleid vollgespieben hast?" Ich kann. Und wie!

Für ein Kind aus der steirischen Provinz gab es nichts Schöneres, als den Wurschtl- prater mit sämtlichen Onkeln und Tanten zu besuchen. Sie übertrafen sich dann im Spendieren von Süßigkeiten, Getränken oder zahlreichen Runden Hochschaubahn. "Wieso dir die Schaumrollen so geschmeckt haben, versteh ich ja bis heute nicht", sagt Onkel Gustav. "Kaum beißt man auf der einen Seite rein, kommt der klebrige Schaum schon auf der anderen wieder raus, der Blätterteigmantel zerbröselt, und alles ist auf dem Hemd."

Ich bezwang an diesem Nachmittag locker fünf Schaumrollen und zehn Runden Hochschaubahn. Es kam, was kommen musste: Mir wurde kotzübel, und dann war plötzlich alles auf Tante Mitzis Kleid.

Der Kellner stellt noch zwei Bier her. "Bitte sehr, die Herren, zwei Schaumrollen". Onkel Gustav lacht, und mir wird gleich wieder schlecht. (Der Standard/rondo/20/01/2006)