Wien - "Trotz Saliera nichts gelernt" lautet das vernichtende Urteil des Sicherheitstechnikers und gerichtlichen Sachverständigen Robert Goliasch nach einem Rundgang im Kunsthistorischen Museum (KHM). Dem Fachmann fielen eklatante Sicherheitsmängel - genau so wie in der Albertina und der Österreichischen Galerie im Belvedere.

Eine Einschätzung, die von den betroffenen Häusern heftig dementiert wird: Nicht alle Sicherheitsmaßnahmen seien offensichtlich. Dazu würde Goliasch, der Obmann der Berufsdetektivbranche in der Wiener Wirtschaftskammer, die dahinter stehenden Konzepte nicht kennen und könne daher keine seriösen Aussagen machen.

Aufgefallen ist dem Fachmann allerdings einiges. Zum Beispiel im KHM: Unvergitterte Fenster im Erdgeschoss ebenso wie effektlos installierte Überwachungskameras. Kaum blicken ließ sich auch die Wachmannschaft: In den Raumfluchten war wiederholt über drei Räume hinweg kein Personal zu entdecken, obwohl dort Gemälde von Tizian und Tintoretto an den Wänden hingen.

"Sprachlos" war Goliasch auch in der Albertina. Bewegungsmelder entdeckte er nur vereinzelt, die größte Schwachstelle aus seiner Sicht waren aber die Fenster. "Bullaugen" in einem Stiegenhaus scheinen völlig ungesichert, zumindest eines ist vom Boden aus ohne Hilfsmittel erreichbar. Von einer Überwachungskamera erfasst werde ein möglicher Eindringling erst, wenn er schon in den Ausstellungsräumen ist.

Vorwürfe, die die Museen nicht auf sich sitzen lassen. Die in der Albertina kritisierten "Bullaugen" beispielsweise müsse man nicht wirklich sichern, da das Stiegenhaus ein öffentlicher Bereich sei, der auch über das benachbarte Filmmuseum zu erreichen sei, kontert Pressesprecher Stefan Musil. Auch im KHM bezweifelt man die Aussagen von Goliasch "vehement", auf die Kritikpunkte wird aber nicht eingegangen.

Keine Reaktion erfolgte im KHM bis Redaktionsschluss auf eine Anfrage des STANDARD bezüglich der Arbeitsbedingungen des Sicherheitspersonal. Ein Insider kritisierte diese in einem nicht gekennzeichneten Schreiben heftig: Die freien Mitarbeiter würden erst wenige Tage vorher informiert, ob sie im kommenden Monat benötigt werden, längerfristige Verträge gibt es nicht. Der Stundenlohn von 6,55 Euro wurde seit sechs Jahren nicht mehr erhöht, auch die Arbeitskleidung müssen sich die Betroffenen selbst besorgen. Die Folge sei extrem hohe Personalfluktuation, was natürlich ein Sicherheitsrisiko darstelle.

In den Nationalrat kommt die Causa am 2. Februar, wenn die von der SPÖ beantragte Sondersitzung stattfindet. Wissenschaftsministerin Elisabeth Gehrer (VP) muss sich dabei einer dringlichen Anfrage stellen. Gehrer erstattete übrigens am Donnerstag im Ministerrat einen Bericht, beim anschließenden Pressefoyer bedankte sich Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (VP) bei der Polizei für den Saliera-Einsatz. (APA, moe, DER STANDARD - Printausgabe, 27. Jänner 2006)