Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Sexualität hat ihre Wurzeln im Berlin der "goldenen 20er Jahre". Magnus Hirschfeld gründete 1919 das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft. Doch die Einrichtung wurde bereits 1933 von den Nazis geplündert und geschlossen. Hirschfelds Forschungen - genau wie die der anderen Protagonisten des Männerbundes (unter den Pionieren des Sexualwissenschaft befindet sich keine einzige Frau) wie Max Marcuse, Albert Moll und Iwan Bloch - rückten allerdings die Sexualität vom privaten ins öffentliche Bewusstsein. "Archiv für Sexualwissenschaft" 1996 gründete der 64-jährige Forscherer Erwin Haeberle am Robert-Koch-Institut in Berlin das "Archiv für Sexualwissenschaft" . Es besteht aus einer einzigartigen Sammlung historischer Dokumente, Briefe und Papiere der ersten Berliner Sexualwissenschaftler sowie Fotos und erste Fachzeitschriften. Damalige sowie neueste Erkenntnisse hat Erwin Haeberle gebündelt und im Internet weltweit zugänglich gemacht. Alle Dokumente sind im Netz kostenlos abrufbar, zahlreiche Links machen die Seite zu einem wissenschaftlichen Kamasutra des Cyberspace. Über 2.000 BesucherInnen finden täglich den Weg auf die ständig aktualisierten Webseiten. Dem Archiv droht nun das Aus. Im nächsten Jahr geht der Forscher in Rente, seine Planstelle soll gestrichen werden. Das Robert-Koch-Institut sucht nach Möglichkeiten, das Archiv zu erhalten. Einen Interessenten gibt es bereits: die medizinische Fakultät der Humboldt-Universität. Doch Haeberle ist diese Vorstellung nicht geheuer - er hat sich immer dagegen gewehrt, die Sexualität als etwas Pathologisches zu betrachten. Deshalb bemüht sich Haeberle um private SponsorInnen, die gewährleisten würden, dass er das Archiv über seine Pensionierung hinaus fortführen könnte. Beate Uhse hat kein Interesse Aus Deutschland hagelte es bislang nur Absagen: Beate Uhse, Springer, Bertelsmann, Burda - niemand ist bereit, Haeberle zu unterstützen. Der Sexualitäts-Veteran könnte aber mit seiner Sammlung in die USA auswandern. (pd)