Um zu beweisen, dass die Kriminalisierung von Abtreibung nicht die Zahl der Abbrüche reduziert, lohnt sich ein Blick nach Latein Amerika. In den meisten Ländern ist Abtreibung verboten, aber die Abtreibungsrate ist sehr viel höher als in den USA oder den Westeuropäischen Staaten. In Kolumbien zum Beispiel, wo Abtreibung sogar dann verboten ist, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist, rechnet man mit einer Abtreibung pro Frau während ihrer gebärfähigen Zeit. In Peru beläuft sich diese Zahl sogar auf zwei Abbrüche pro Frau, wie die New York Times in einem Editorial Anfang Jänner berichtete.

Hinzukommt die mangelnde Sexualerziehung und soziale Tabus, die Frauen auf wirksame Verhütung verzichten lassen. Die Kriminalisierung hat Abtreibung nicht verschwinden lassen, sondern nur gefährlicher gemacht. Wohlhabende Frauen können sich private medizinische Behandlungen leisten, der Rest geht zu AmateurInnen oder macht es selbst. Bis zu 5000 Frauen sterben jährlich an den Folgen einer Abtreibung in Lateinamerika, und noch viele mehr müssen sich Notbehandlungen in Krankenhäusern unterziehen.

Abtreibung ist nur in Kuba legal, und ein paar weitere Länder erlauben es unter extremen Umständen. Gleichzeitig hat in den letzten Jahren ein Umdenkprozess stattgefunden: Wo Abtreibungen durchgeführt werden, zeigen Umfragen, dass die LateinamerikanerInnen Abtreibung unter gewissen Umständen befürworten. Eine Dekriminalisierung wird derzeit in Kolumbien, Brasilien, Venezuela, Uruguay und Argentinien diskutiert, und eventuell auch im Sommer nach der Präsidentschaftswahl in Mexiko.

Bei diesem Prozess ist internationaler Druck hiilfreich. Im November entschied das Menschenrechtskommitte der UNO, dass Peru gegen ein Frauenrecht verstieß, als es einer 17-jährigen Schwangeren die Abtreibung verweigerte, obwohl der Fötus mehrfach missgebildet war und kurz nach der Geburt verstarb. Frauenkonferenzen üben Druck auf die Regierungen aus, ihre Fortschritte bei der Durchsetzung von Frauenrechten zu publizieren.

Lateinamerikanische Frauen konnten in den letzten Jahren ihre Partizipation im Arbeitsleben und in der Politik erhöhen, was ihnen zu einer lauteren Stimme verhalf. Sie könnte noch viel lauter sein, wenn die US-Regierung unter Präsident Bush nicht jede Familienplanungsstelle, die über Abtreibung spricht, von seinen Förderlisten streichen würde. Den Anti-Abtreibungs-AnwältInnen in Washington rät die New York Times, sich die Situation in Lateinamerika genau anzusehen, weil dort die globale Knebel-Richtlinie der Bush-Administration genau so gewirkt hat, wie es beabsichtigt war. Alle US-AmerikanerInnen können nach Lateinamerika blicken und unnötigen Tod und Verletzungen durch unsichere Abtreibungen sehen. (red)