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Wer eine Geldstrafe nicht bezahlen kann, soll künftig nicht mehr in jedem Fall ins Gefängnis müssen. Unter dem Motto "schwitzen statt sitzen" sollen in den kommenden zwei Jahren knapp 500 Personen statt einer so genannten Ersatzfreiheitsstrafe gemeinnützige Arbeit leisten. Ein entsprechendes Modellprojekt hat Justizministerin Karin Gastinger (B) am Dienstag angekündigt. Für die elektronischen Fußfesseln wünscht sich Gastinger mehr Teilnehmer – bisher wurden nur zwei Häftlinge in die elektronisch überwachte Freiheit entlassen.

1.100 Ersatzstrafen

Laut Gastinger wurden im Vorjahr 1.100 Ersatzstrafen verhängt. Im Durchschnitt mussten Personen, die ihre Strafen nicht bezahlten konnten oder wollten, demnach für 25 Tage ins Gefängnis, was insgesamt Kosten von rund 2,2 Mio. Euro verursacht habe. Gastinger erwartet sich, dass in zwei Jahren knapp 500 Ersatzstrafen durch gemeinnützige Arbeit ersetzt werden könnten. Vorstellbar wären demnach etwa Hilfstätigkeiten bei der Caritas oder beim Roten Kreuz – beispielsweise Reinigungsdienste.

Starten soll das Projekt an den Landesgerichten Innsbruck, Linz, Wels und Graz sowie an den Wiener Bezirksgerichten Leopoldstadt, Favoriten und Döbling. Die Laufzeit beträgt knapp zwei Jahre – von 1. März 2006 bis Februar 2008. Vorgesehen ist, dass vier Stunden gemeinnützige Arbeit einen Hafttag ersetzen sollen, womit der durchschnittliche "Ersatzhäftling" statt 25 Tage ins Gefängnis 100 Stunden arbeiten müsste. Voraussetzung ist die Zustimmung des Verurteilten.

Zu wenig elektronische Fußfesseln

Unzufrieden ist Gastinger damit, dass ein Monat nach Anlaufen des Modellprojekts in Oberösterreich erst zwei Häftlinge mit der elektronischen Fußfessel entlassen wurden. Die Ministerin verweist auf die mangelnde Akzeptanz des Projekts bei der Richterschaft und hofft, dass in den kommenden Wochen weitere Kandidaten gefunden werden. "Das Projekt läuft seit Anfang Jänner und hier ist es so, dass wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen", beklagte Gastinger die "Beharrungskraft" der Justiz.

Eine deutliche Senkung der Häftlingszahlen erwartet die Justizministerin vom Fußfessel-Projekt vorerst aber nicht. Es handle sich dabei lediglich um einen "ersten Schritt, wo wir uns Alternativen für die Freiheitsstrafen überlegen". Sollte das Modellprojekt, das im Juni auch in Wien und Graz anlaufen soll, bei den bedingt Entlassenen erfolgreich sein, ist für Gastinger aber auch eine Art "elektronischer Hausarrest" als Ersatz für kurze Haftstrafen denkbar.

Reichlich Potenzial

Dafür sieht Wolfgang Hermann, Geschäftsführer des für das Fußfessel-Projekt zuständigen Bewährungshilfe-Vereins Neustart, reichlich Potenzial. Seinen Angaben nach gibt es pro Jahr rund 3.000 kurze Haftstrafen. Außerdem komme die bedingte Entlassung in Österreich immer noch vergleichsweise selten zur Anwendung: Während in Deutschland 50 und in der Schweiz 80 Prozent der Häftlinge vorzeitig entlassen würden, seien es in Österreich weniger als 20 Prozent, kritisierte Hermann. (APA)