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Christina Stürmer mit "Echo"

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch
Das schöne an ihren Deutschlandkonzerten sei, dass dort im Vergleich zu Österreich ihr Publikum nicht schon um neun Uhr im Bett sein müsse, beschrieb Christina Stürmer vor noch nicht allzu langer Zeit den Unterschied zwischen ihrer Heimat und Deutschland.

Dort, wo ihre Fans den Sandmann erst später empfangen und auch schon Leidenschaften frönen, die nicht mehr kinderzimmer- und pferdeposterkompatibel sind, hat die Sängerin am Sonntag bei der 15. Echo-Verleihung den Preis in der Kategorie "Beste Künstlerin National/ Rock/Pop" entgegengenommen - die günstigerweise alle deutschsprachigen Produktionen umfasst.

Wie bei Branchenpreisen üblich, bewerten diese weniger die künstlerische Qualität als den kommerziellen Erfolg ihrer Nominierten. Insofern war die Auszeichnung Stürmers konsequent. Immerhin gelang es der am neunten Juni 1982 im oberösterreichischen Altenberg geborenen Sängerin bereits mit ihrem 2004 erschienenen zweiten Album Soll das wirklich alles sein am deutschen Markt Fuß zu fassen und auf der von Bands wie Wir sind Helden losgetretenen Deutsch-Pop-Welle mitzuschwimmen. Wie andere Haupt- und Nebendarsteller dieses anhaltenden Trends verhandelt Stürmer mit ihrer Band persönliche Befindlichkeiten auf verständlichen Gemeinplätzen.

Während die gelernte Buchhändlerin als Zweite der ersten ORF-Castingshow Starmania hier zu Lande vor allem als Verkaufsmaskottchen für Nudelgerichte und Klingeltöne wahrgenommen wurde, gelang es ihr im Nachbarland, ohne den schalen Beigeschmack der Retortenkünstlerin Fuß zu fassen.

Ihr als "natürlich" beschriebener Charme kommt am ungleich größeren Markt bestens an. Zumal bei Stürmer neben all der notwendigen Formbarkeit immer noch ein Rest Renitenz aufblitzt und ihr burschikoses Auftreten den Tussi-Faktor tief hält.

Doch mit Charme allein knackt man den deutschen Markt nicht. Hinter Stürmers Erfolg, der auch vom heimischen Abziehbild des Echo-Preises, dem Amadeus, geadelt wurde, steckt harte Arbeit und intensives Touren durch die Märkte. Das zeigt nun Wirkung.

Einmal mit der Auszeichnung dieser Arbeit. Zum anderen scheint Stürmer sich bei diesen Gehversuchen in der Wirklichkeit abseits der von der Marketingabteilung ihrer Verwerter gestalteten Karriere auch als Persönlichkeit zu emanzipieren. Auf ihrer Homepage ist als "Lebensmotto" der kämpferische Satz "Ich muss gar nichts!" zu finden, und unter der Rubrik "Essen & Trinken" gesteht sie neben einer Vorliebe für "Stilles Wasser" auch jene für "Whiskey Cola".

Die nächste Zielgruppe will bedient werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.03.2006)