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Ihr Gesicht will die 32-jährige Rumänin nicht zeigen - sonst könnte der Traum von der Zweizimmerwohnung für sie und ihren Sohn rasch wieder platzen (Symbolbild).

Foto: APA/Robert Jäger
Wien – Angst hat die 32-Jährige in den vergangenen vier Jahren oft gehabt. Angst vor dem Ehemann, Angst um den Sohn, Angst vor der Polizei. Der Ehemann bedrohte sie mit einem Messer, dem Sohn konnte sie kaum eine Zukunft bieten, vor der Exekutive fürchtete sie sich, weil sie schwarz arbeitete. Und als gebürtige Rumänin keine Arbeitserlaubnis hatte.

"Aber ich wollte arbeiten. Und mich nicht auf die Straße stellen", meint sie und deutet vage in Richtung der äußeren Mariahilfer Straße in Wien- Fünfhaus, wo jede Nacht Freier den Straßenstrich abfahren. Mit ihrem 14 Jahre alten Sohn wohnt die Frau mit den langen schwarzen Haaren in einem Zimmer im 15. Gemeindebezirk. Zwei sauber gemachte Betten stehen an den Wänden, zwei Kästen, ein kleiner Fernseher, in der Mitte des Raumes ein Tisch. Hier sitzt die eigentlich nicht verängstigt wirkende Rumänin und skizziert ihre Geschichte.

Geboren 1974, Ausbildung als Kranführerin, mit 18 kam der Sohn. 1994 heiratete sie einen Jugoslawen und ging mit diesem in seine Heimat. Nach einem Aufenthalt in Italien übersiedelte die Familie im Jahr 2002 dann nach Wien, wo die Mutter des Mannes schon seit 30 Jahren lebt. Die familiäre Situation wurde immer schlimmer, schildert die 32-Jährige: Der Mann bedrohte auch das Kind – als er schließlich mit dem Messer auf sie losging, flüchtete sie dann 2004 ins Frauenhaus.

Fremdengesetze

"Ich habe überlegt, was ich machen soll. Nach Rumänien zurückgehen? Aber was wäre aus meinem Sohn geworden? Ich habe dort keinen Besitz, und Ausbildung ist dort auch schwieriger zu bekommen." Im Frauenhaus und bei der Caritas half man und informierte sie zunächst einmal über die Fremdengesetze – dass sie ein Visum benötige, dass sie nicht arbeiten dürfe ohne Beschäftigungsbewilligung.

"Aber ich habe ja Geld gebraucht. Ich habe ja keine Alimente bekommen, ich hatte manchmal kein Geld mehr für ein Brot", schildert sie heute. Eine Bekannte vermittelte dann einen Job – als Putzfrau bei einer Firma. Schwarz, um drei Euro pro Stunde. "Ich habe es sofort angenommen. Wenn es Arbeit ist, ist es gut." Versichert hat sie sich und ihr Kind selbst, diese 74 Euro schmälerten das Budget weiter, schließlich waren auch noch Fahrtkosten in Wien zu zahlen.

Ein Jahr lang arbeitete sie so. "Immer hatte ich Angst, entdeckt zu werden. Auch wenn ich nicht in der Arbeit war, habe ich mich vor Polizisten gefürchtet." Aus humanitären Gründen war sie zwar im Land geduldet, doch die Furcht vor der Ausweisung wegen der Schwarzarbeit blieb. Ständig bemühte sie sich weiter, um die bürokratischen Hürden zu meistern.

Seit Oktober hat die 32- Jährige nun eine Beschäftigungsbewilligung. Gebunden an eine andere Reinigungsfirma. Nur für diese darf sie arbeiten, angestellt für 30 Stunden, für sechs Euro brutto. Rund 80 Euro machen die monatlichen Fahrtkosten zum Arbeitsplatz – einem Altenheim – aus. "Ich bin zufrieden mit dem Geld", erklärt sie ruhig, es gäbe die Möglichkeit zu Überstunden, und Wochenendarbeit wird besser bezahlt.

In einem Monat ist sie auch schon einmal auf 201 Arbeitsstunden gekommen. Druck sei von der Firma bisher keiner gekommen, beteuert sie. Die Zusammenarbeit mir ihren Kolleginnen, ebenfalls Ausländerinnen, funktioniere leidlich.

Ihr nächster Plan: der Umzug in eine Zweizimmerwohnung – "schließlich ist mein Sohn in einem Alter, wo es problematisch wird, sich vor ihm auszuziehen." Wenn sie innerhalb von 14 Monaten zwölf Monate gearbeitet hat, kann sie um eine "Arbeitserlaubnis" ansuchen, also den Arbeitgeber innerhalb eines Bundeslandes wechseln. Angst, dass ihre Karriere als Schwarzarbeiterin auffliegt, hat sie noch immer. (Michael Möseneder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.3.2006)