Die Stimmung zu Beginn der österreichischen EU-Präsidentschaft war nicht gerade euphorisch, ist Österreich doch laut dem jüngsten "Eurobarometer", der europaweiten Meinungsumfrage, das Land mit der größten EU-Skepsis. Unter jungen ÖsterreicherInnen ist die EU-Stimmung laut Umfrage etwas besser. Je konkreter die Vorhaben sind – etwa eine gemeinsame Währungsunion – desto stärker werden sie von 15- bis 24-Jährigen befürwortet.

Jugendliche verbinden mit der EU vor allem "offene Grenzen" – das heißt freies Reisen, Studieren und Arbeiten innerhalb der EU. Dennoch haben nur vier von zehn Jugendlichen den Eindruck, dass ihre Stimme in der EU zählt. Hier muss aktive Informationspolitik über die EU ansetzen. Gleichzeitig müssen die Interessen von Kindern und Jugendlichen auf europäischer Ebene aus Sicht der Jugendvertretung noch viel stärker berücksichtigt werden.

Wessen Stimme zählt?

Die Kompetenzen in der EU-Jugendpolitik sind an sich klar geregelt: Schwerpunktmäßig sind die Jugend-Agenden der EU in der "Generaldirektion Bildung und Kultur" angesiedelt und Kommissar Ján Figel’ für Jugendpolitik verantwortlich. Die jeweiligen FachministerInnen bilden den Rat, zudem gibt es eine permanente Arbeitsgruppe "Jugend" mit BeamtInnen der EU-Mitgliedsstaaten.

Neben der Vernetzung von nationaler und europäischer Ebene besteht die große Herausforderung jedoch darin, dass Jugendpolitik ein Querschnittsthema ist, welches viele Bereiche der Politik betrifft – Bildung, Wirtschaft und Arbeit, Gesundheit und vieles mehr. Jugendvertretungen fordern vehement, dass dieses "Youth mainstreaming" viel stärker in den politischen Strukturen verankert werden muss, etwa durch interministerielle Arbeitsgruppen.

Damit die vielfältigen Bedürfnisse und Anliegen von Kindern und Jugendlichen auf nationaler und europäischer Ebene berücksichtigt werden, arbeitet die Bundesjugendvertretung eng mit dem European Youth Forum zusammen, das als Dachverband von mehr als 90 Jugendorganisationen aus ganz Europa die zentrale Interessenvertretung in Brüssel ist. Die BJV wiederum hält den Kontakt zu den verschiedenen Kinder- und Jugendorganisationen in Österreich und erreicht somit auch die Jugendlichen direkt. Der Austausch von bewährten Methoden ("best practices"), die Erarbeitung jugendpolitischer Ziele und Lobby-Strategien in diesem breiten Netzwerk von öffentlichen Institutionen und NGOs ist auch essentiell für die die Arbeit der Bundesjugendvertretung in Österreich.

Was sind die aktuellen Themen? Absolute Priorität für die Jugendvertretung haben im Moment die problematische Situation von Jugendlichen am Arbeitsmarkt und ihre soziale Integration durch Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Über fünf Millionen Jugendliche unter 25 Jahren sind derzeit in der EU aktiv auf Arbeitssuche und die Arbeitslosenrate bei Jugendlichen ist mehr als doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenrate. Ebenso alarmierend für uns: viele Jugendliche arbeiten unter prekären Bedingungen, das heißt ohne soziale Absicherung, ohne ausreichendes Einkommen beziehungsweise oft gänzlich ohne Bezahlung als PraktikantInnen. Die aktuellen Proteste junger Menschen in Frankreich gegen die Pläne zur Abschaffung des Kündigungsschutzes für ArbeitnehmerInnen unter 26 Jahren sind offenkundige Reaktion auf diese Problematik.

Im März 2005 wurde von den Staats- und Regierungschefs der EU der "Europäische Pakt für die Jugend" beschlossen, der die EU-Staaten zu Bildungsmaßnahmen für Jugendliche und zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit verpflichtet. Nach einem Jahr wurde nun ein erstes Resümee über die nationalen Initiativen und etwaige Fortschritte gezogen. Die Jugendvertretungen und PolitikerInnen sind sich zwar weitgehend einig, dass weitaus mehr getan werden muss – die Schwerpunktsetzung ist jedoch oft eine andere. Die Bundesjugendvertretung plädiert selbstverständlich dafür, in den Maßnahmen primär bei den Bedürfnissen Jugendlicher anzusetzen und nicht ausschließlich den wirtschaftlichen Nutzen in den Vordergrund zu stellen.

Es darf nicht nur von Jugendlichen gefordert werden, ihre "employability" ("Beschäftigungsfähigkeit") zu erhöhen, sondern es müssen Rahmenbedingen geschaffen werden, damit Jugendliche wirklich ihren Kompetenzen entsprechende Jobs finden. Alternative Arbeitsmarktmodelle unter Gesichtspunkten wie Arbeitszeitverkürzung, Mindesteinkommen oder öffentliche Beschäftigungsprogramme müssen – wie im EU-Weißbuch "Jugend" angedacht – verfolgt werden.

Das komplexe Feld "Youth and Jobs" wird auch eines der Schwerpunktthemen der jugendpolitischen Hauptveranstaltung der österreichischen EU-Präsidentschaft Ende März sein. Die jungen Delegierten aus ganz Europa werden auf die EU-JugendministerInnen treffen: Wir erwarten eine neue Chance für tatsächliche Mitbestimmung von Jugendlichen in der EU.