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Wenn Herbert Lachmayer die Karten auf den Tisch legt - also: die Visitkarten -, dann werden nicht wenige Schöngeister erst einmal stutzig: Berater eines Stahlschwellenwerks sei er, sagt die erste. Als Professor für Kunstgeschichte und Philosophie weist ihn die zweite aus. Auf der dritten wiederum steht: "Vorstand Da-Ponte-Institut für Librettologie, Don Juan Forschung und Sammlungsgeschichte" - also doch schon wieder ein Experte für "Entlegenes"?

Herbert Lachmayer lächelt dann, während sich sein Gegenüber noch zu orientieren versucht, zum Beispiel in seinem modern ausgestatteten, fast durchwegs aus privaten Mitteln ungenannt bleiben wollender Mäzene finanzierten, Büro - und sehr schnell wird klar: Eigentlich sollte auf jeder seiner Visitkarten "Verführer aus Leidenschaft" oder "Großmeister der Galanterie" stehen. Verführt hat der 1948 in Wien geborene Kulturphilosoph über Jahrzehnte hinweg zum Beispiel Scharen von Studenten, die in Wien, Linz oder Berlin seine Vorlesungen stürmten und dabei vergaßen, dass sie ihn etwa im Nachvollziehen von Walter Benjamin oder von romantischem Bewusstsein nicht immer verstanden. Inspiriert hat er sie nämlich fast immer, "der Lachmayer".

Ganz erstaunliche Fähigkeiten in Sachen Überredung zur individuellen Überforderung bewies er offenkundig auch im Umgang mit öffentlichen oder privaten Geldgebern - egal ob sie ihm das Da-Ponte-Institut oder jetzt die große Mozart-Ausstellung in der Albertina finanzierten oder vor wenigen Jahren kulturhistorische Abhandlungen Über die Schwelle - was erstaunliche Allianzen und Assoziationen zwischen Transportwesen und Epochen-Theorien ermöglichte.

In intellektuellen und kulturellen Fragen hält es Herbert Lachmayer nämlich wie jeder ganz normale Verführer: Zum natürlichen Charme gesellt sich die Aura möglicher und unmöglicher Geheimnisse ("Mozart war ein Pornosoph!") und die elegant vermittelte Ahnung, dass vielleicht gerade in "entlegenen" Disziplinen besonders viel Befriedigung verlockend sein könnte. Ein Mann mit diesen Anlagen und dieser Begabung wäre im 18. Jahrhundert Kunstminister oder zumindest königlicher Mundschenk geworden.

Für Herbert Lachmayer, der sich andererseits nicht gern in den Vordergrund drängt, reicht es heutzutage immerhin zum zunehmend populären Großausstellungsmacher. Nicht wenig Inspiration dürfte er dabei von seiner Frau, der Kunsttheoretikerin und Kuratorin Brigitte Felderer, erfahren. Wie er es jetzt auch noch geschafft hat, die Großloge der heimischen Freimaurer zu einer offiziellen Ko-Sponsorin für Mozart zu machen, kann man hingegen nur vermuten. Wirklich alle Karten legt Herbert Lachmayer ja auch wieder nicht auf den Tisch. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.3.2006)