Geschlechterpolitik
Sickl: Alles offen
Keine Klarheit für Pensionsreform
Wien - Die mit Spannung erwartete Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts gibt erwartungsgemäß keine
Klarheit darüber, ob die Pensionsreform, wie von der Regierung geplant, mit 1. Oktober d.J. in Kraft treten kann und einer allfälligen Klage
wegen des Vertrauenssschutzes standhalten würde. Sozialministerin Elisabeth Sickl vertrat im Gespräch mit der APA die Meinung, dass "alles
offen" sei, die Stellungnahme des Verfassungsdienstes habe aber jedenfalls "keine neuen Bedenken" gebracht.
In zwei getrennten Berichten zum ASVG- und zum BeamtInnenbereich wird darauf verwiesen, dass bei der Beurteilung von Eingriffen in den
Vertrauensschutz dem VfGH ein weiter Spielraum eingeräumt wird und "das Ergebnis eines allfälligen verfassungsgerichtlichen Verfahrens
daher nur schwer prognostizierbar ist".
Auf der anderen Seite kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Verfassungsgerichtshof angesichts "bestehender Sachzwänge
etwa dem Ziel der Budgetkonsolidierung oder einem diesem gleichzuhaltenden Ziel Vorrang einräumt", heißt es in der Stellungnahme.
In den Erläuterungen zur Stellungnahme des Verfassungsdienstes betreffend BeamtInnenpensionen heißt es u.a., dass der vorliegende
Gesetzesentwurf hinsichtlich der Anhebung des Mindestalters aber auch durch eine Reihe anderer Maßnahmen "Eingriffe in das bisherige
System des öffentlich-rechtlichen Dienst- bzw. Pensionsverhältnisses vorsieht". "Damit ist bei einer verfassungsrechtlichen Beurteilung
insbesondere der Gleichheitsgrundsatz und der damit vom Verfassungsgerichtshof entwickelte Vertrauensschutz bedeutsam.
Es wird aber darauf verwiesen, dass der VfGH in seiner ständigen Rechtsprechung davon ausgeht, dass keine Verfassungsvorschrift den
Schutz wohlerworbener Rechte gewährleistet. Damit falle es im Prinzip "in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine
einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten der Betroffenen zu verändern". Allerdings müsse die Änderung "sachlich begründbar sein".
Was die Erhöhung des Abschlags bei Frühpensionen betrifft, weist der Verfassungsdienst darauf hin, dass dies vom VfGH bisher nicht
beanstandet worden sei.
Klage
ÖGB und AK hatten bereits im Vorfeld eine Klage beim VfGH angekündigt. Dieser wird endgültig entscheiden, ob die dann wahrscheinlich
beschlossene Pensionsreform verfassungskonform ist oder nicht.
Die Pensionsreform sieht ja eine schrittweise Anhebung des Frühpensionsantrittsalters von derzeit 55/60 auf 56,5/61,5 Jahre beginnend mit
Oktober 2000 bis Oktober 2002 sowie eine Erhöhung der Abschläge für die Frühpension von derzeit zwei auf künftig drei Prozent jährlich
vor. ÖAAB-Obmann Werner Fasslabend hatte betont, dass der Vertrauensschutz "oberstes Gebot" bei der Pensionsreform sein müsse. (APA)