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STANDARD: Die Exzellenz-Uni Gugging hat bereits das erste Opfer gefordert: ImGuS, das Institut für molekulare Genomforschung und Systembiologie, wird nicht realisiert. Was wird noch auf der Strecke bleiben? Kowalski: ImGuS ist kein Opfer des Institute for Science and Technology (IST-A) in Klosterneuburg/Gugging. Die Entscheidung, wie es mit dem Projekt ImGuS weitergeht, wird der Rat für Forschung und Technologieentwicklung treffen, wenn die IMG-Planungsgesellschaft ihr Konzept vorgelegt hat. Das soll Ende März der Fall sein.

STANDARD: Aber der IMG wurde seitens des Bildungsministeriums mitgeteilt, dass ImGuS in der geplanten Form im Vienna Biocenter nicht realisiert wird, sondern frühestens in zwei Jahren in Gugging. Was stimmt?

Kowalski: Glauben Sie wirklich, Wissenschafter vom Range eines Haim Harari und Olaf Kübler werden sich von irgendjemandem beeinflussen lassen, ob ImGuS oder irgendein anderes Institut ins IST-A nach Klosterneuburg kommt oder nicht? Nein, so funktioniert das nicht. Entscheiden, wie es mit ImGuS weitergeht und wann, muss der Forschungsrat. Entscheiden, welche ForscherInnen und Forschungsthemen in das IST-A berufen werden, liegt allein in der Verantwortung des IST-A.

STANDARD: Für ImGuS hat der Forschungsrat bereits 4,8 Millionen Euro aus dem Offensivprogramm gewidmet. Was passiert mit diesem Geld?

Kowalski: Erst muss der Bericht der Planungsgesellschaft vorliegen, dann wird weiter entschieden. Außerdem laufen zurzeit zwei Projekte mit internationaler Beteiligung.

STANDARD: Welche Projekte oder Institute müssen noch nach Gugging, um dort Exzellenz zu produzieren?

Kowalski: Im IST-A wird Grundlagenforschung betrieben, Forschungsgebiete sind Physik, Mathematik und Life Sciences, also Biologie, Chemie. Alles Weitere, auch die Vernetzung mit bestehenden Exzellenzinstituten, ist vom internationalen Komitee vorzuschlagen und damit Sache des IST-A selbst.

STANDARD: Gugging bekommt Geld, das den Universitäten an allen Ecken und Enden fehlt, ebenso der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Wohin soll das führen?

Kowalski: Mit Einrichtungen wie dem Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA), dem Gregor-Mendel-Institut (GMI), dem Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CEMM), dem Institut für Quantenoptik und dem Mathematik-Institut RICAM haben wir eine Landschaft mit exzellenten ForscherInnen. Jetzt ist ein Exzellenz-Programm für die Unis und die wissenschaftsorientierten außeruniversitären Forschungseinrichtungen notwendig, denn wir müssen diese exzellenten Forschergruppen fördern. Wir haben den Wissenschaftsfonds (FWF) beauftragt, einen Entwurf für ein derartiges Programm zu erarbeiten. Die "Exzellenz-Cluster" des FWF können die Grundlage dafür sein.

STANDARD: Noch ein Exzellenzprogramm? Werden jetzt alle exzellent, weil es Gugging gibt?

Kowalski: Es geht um ein Gesamtkonzept, einen Überbau für Sonderforschungsgprogramme, nationale und internationale Programme und die Vernetzung österreichischer Unis mit Forschergruppen im In- und Ausland.

STANDARD: Woraus soll dieses Exzellenzprogramm bestehen?

Kowalski: Geplant sind drei Teile: ein Exzellenzprogramm Wissenschaft, eines für Humanressourcen und eines für Internationalisierung. Humanressourcen und Internationalisierung gibt es bereits. Sie bestehen u. a. aus Start-und Wittgenstein-Programm und Stipendien für Studierende aus dem Ausland, wie es sie auf Basis wissenschaftlich-technischer Abkommen mit Tschechien, Ungarn, den Balkan-Staaten sowie der Ukraine bereits gibt. Diese Einzelprogramme haben sich sehr bewährt, nun müssen wir sie bündeln, weil Binnenmarkt und Standortkonkurrenz in der Forschung Realität ist.

STANDARD: Und bei der Uni-Infrastruktur werden die Probleme weiterhin an den Forschungsrat delegiert? Das gehört doch ins Ressortbudget.

Kowalski: Dem habe ich nichts hinzuzufügen; die Expertise des Rates ist aber jederzeit willkommen.

STANDARD: Welche Rolle wird die ÖAW im Forschungssystem künftig spielen? Sie wird ausgehungert, der Forschungsrat hat 80 Prozent des Budgets von der Reform abhängig gemacht.

Kowalski: Die ÖAW ist dank ihrer Exzellenzinstitute und Forschungs-GmbH von einer Gelehrtengesellschaft zu einem bedeutenden Forschungsträger geworden, besonders in der Naturwissenschaft. Sie soll weiterhin eine Gelehrtengesellschaft mit Instituten und Kommissionen sein. Als Forschungsträger braucht sie eine Führungsstruktur, die das Know-how hat - wie der Rat es fordert.

STANDARD: Bis die ÖAW ein Reformpapier vorlegt, das den staatlichen Finanziers konveniert, bekommt sie kein Geld.

Kowalski: Es kommt nicht darauf an, was den staatlichen Financiers konveniert. Alleinentscheidend ist, dass die ÖAW sich aus eigenem eine moderne Führungs- und Organisationsstruktur gibt, die die Funktion als Forschungsgesellschaft gewährleistet. Es ist richtig, dass die 80 Prozent vom Rat freigegeben werden, wenn der Bericht der Reformkommission angenommen wird, was in den nächsten Wochen der Fall sein könnte.

STANDARD: Um die Tranche 2007 der Forschungsanleihe wird bereits heftig gerungen, sie darf nicht weniger als 300 Millionen Euro betragen, um alle geplanten beziehungsweise vom Forschungsrat empfohlenen Maßnahmen realisieren zu können. Gibt es diese Finanzmittel im Budget und sind darin neunprozentige Steigerungen für FWF und Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) enthalten? Kowalski: Im parlamentarischen Wissenschaftsausschuss wurden von Experten 330 Millionen Euro als Größenordnung für 2007 genannt, um laufende und neue Programme, wie die Programme des BMBWK aber auch die neuen Kompetenzzentrumsprogramme, anzufinanzieren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. 3. 2006)