HERR ARBEITER (in einer Tageszeitung blätternd): Schad' um den Verzetnitsch. Andererseits gut. Der Gusenbauer hat völlig recht: Dieser Rücktritt ist ein Zeichen der Größe der Persönlichkeit. Er hat sich nicht das Geringste zuschulden kommen lassen.

FRAU ARBEITER: Warum tritt er dann zurück?

HERR ARBEITER: Eben deshalb. Ein Zeichen höchster politischer Verantwortung. Hätt' er sich was zuschulden kommen lassen, wär' er nicht zurückgetreten, genau wie die anderen.

FRAU ARBEITER: Und was genau hat er nicht getan?

HERR ARBEITER: Nichts. Gerettet hat er. Die Bawag. Das heißt, eigentlich wir. Er mit unserem Geld.

FRAU ARBEITER: Deswegen tritt man nicht zurück.

HERR ARBEITER: Nein. Aber er hat nicht gesagt ...

FRAU ARBEITER: Warum? Wenn ich eine Bank rett', sag' ich ...

HERR ARBEITER: Er hat nicht gewusst. Das heißt, gewusst hat er schon, aber zuerst nicht. Hätt' er gleich gewusst, hätt' er gesagt. Aber wie er gewusst hat, war's zu spät, hat er nicht mehr können sagen, hat er müssen retten.

FRAU ARBEITER: Versteh' ich nicht.

HERR ARBEITER: Na, was hätt' er sollen sagen? Dass er unser Geld nimmt zum Retten? Was, glaubst du, hätten wir gesagt? Finger weg, hätten wir gesagt. Es ist ihm nichts übrig geblieben, er hat nur können nicht sagen, dass wir nicht wissen, dass er kann retten, also wir.

FRAU ARBEITER: Ich find', er hätt' nicht sollen sagen. Hätt' niemand gewusst, hätt' er nicht müssen zurücktreten.

HERR ARBEITER: Ja, so stellst du dir das vor! Aber so funktioniert das nicht in der Wirtschaft. Da herrschen andere Gesetze! Da geht es hart auf hart! Entweder du nimmst unser Geld, oder die Bank geht pleite! Entweder du lasst dir was zuschulden kommen, oder du trittst zurück! Entweder du sagst nicht, was du weißt, oder du weißt nicht, was du sagst! So ist das, meine Liebe! (Schlägt mit dem Handrücken auf die Zeitung:) Da, sogar der Veit Sorger ist traurig: "Mit Fritz Verzetnitsch geht ein verlässlicher Partner der Industrie!"

FRAU ARBEITER: Ich hab' gedacht, er war Gewerkschaftspräsident?

HERR ARBEITER: Du verstehst ja doch nichts.

(Vorhang) (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.3.2006)