Nicht nur die österreichischen, auch die deutschen Sozialdemokraten haben Probleme: Die Schröder-Gazprom-Verbindung entwickelt sich von einer unguten Geschichte zunehmend zum handfesten Skandal.

Da übernimmt der Bundeskanzler des größten EU-Staates gleich nach dem Abschied aus der Politik einen gut bezahlten Posten in einem Konsortium, in dem er vor allem die Interessen einer anderen Großmacht zu vertreten hat. Denn der Monopolist Gazprom ist in erster Linie ein Werkzeug der russischen Politik.

Und wie sich nun herausstellt, hat die rot-grüne Regierung als eine ihre letzten Entscheidungen eine Bürgschaft für einen milliardenschweren Kredit für genau jenes Gaspipeline-Projekt beschlossen, das Schröder nun kommerziell vertritt. Anders als üblich haftet der Bund nicht nur für das finanzielle, sondern auch für das politische Risiko - also etwa für den Fall, dass ein massiver Konflikt zwischen dem Westen und Russland die Pipeline eines Tages lahm legt.

Das Unbehagen über diese Vorgehensweise hat zwei Gründe:

- Die Verquickung von Macht und Geld erzeugt eine furchtbare Optik für eine Partei, die weiterhin Regierungsverantwortung trägt. Auch wenn Schröder in die Bürgschaftsentscheidung nicht selbst eingebunden war und von ihr gar nichts wusste - es waren seine Minister und seine Beamten, die hier zu seinen Gunsten handelten. Dass Gazprom nun behauptet, es wolle den deutschen Kredit nicht in Anspruch nehmen, ist genauso wenig relevant wie die Tatsache, dass die ÖGB-Haftung für die Bawag niemals schlagend geworden ist. Die Bereitschaft für die Milliardenhaftung war da - und damit auch das Risiko

- Ebenso problematisch ist die politisch-wirtschaftliche Logik hinter der geplanten Pipeline. Die EU hat zwar ein Energieproblem, aber dieses besteht nicht in fehlenden Transportkapazitäten für russisches Erdgas, sondern in der Abhängigkeit von der unberechenbaren Kreml-Führung. Die neue Pipeline durch die Ostsee würde bloß sicherstellen, dass Moskau im Krisenfall die deutsche Wirtschaft bevorzugt behandelt. Der politische Preis dafür wäre eine Fortsetzung der Schröder'schen Anbiederungspolitik an den "lupenreinen Demokraten" Wladimir Putin.

Im Regen stehen bleiben nicht nur die Polen und die Balten, die durch ihren Einsatz für mehr Demokratie in der Ukraine und Weißrussland Russlands Zorn auf sich lenken. Auch dem übrigen Europa bringt die Pipeline nichts. Im Gegenteil: Als Verwirklichung des Florianiprinzips untergräbt sie jene gemeinsame EU-Energiepolitik, um die der österreichischen Vorsitz derzeit so heftig ringt.

Altkanzler Schröder wird immer mehr zur politischen Altlast - für die SPD und die gesamte Republik. Der Aufschrei über die Bürgschaft könnte ihn vielleicht dazu bewegen, seinen Gazprom-Job zurückzulegen. Aber auch Angela Merkel müsste dringend Wege suchen, die Russland-hörige Politik ihres Vorgängers endgültig hinter sich zu lassen. (Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.4.2006)