Geschlechterpolitik
Gewalt gegen Frauen und Mädchen bleibt weltweites Übel
UNICEF verzeichnet fünf Jahre nach der Frauenkonferenz in Beijing wenig Fortschritte
Genf, New York – Fünf Jahre nachdem auf der Frauenkonferenz in Beijing
globale Maßnahmen gefordert wurden, um Gewalt gegen Frauen zu beenden, stellt eine neue
UNICEF Studie fest, daß hinsichtlich der gebräuchlichsten Form von Gewalt – nämlich häuslicher
Gewalt – nicht genug Fortschritte gemacht wurden. Häusliche Gewalt negiert weiterhin in allen
Ländern die Rechte von Frauen und Mädchen und zerstört in manchen Ländern das Leben jeder
zweiten Frau. Weltweit „fehlen“
60 Millionen Frauen in den Bevölkerungsstatistiken
Der Report stellt fest, daß diese Form von Gewalt in allen Ländern alle Grenzen hinsichtlich
Kultur, Rang, Bildung, Einkommen, ethnischer Herkunft und Alter überschreitet. Weltweit „fehlen“
60 Millionen Frauen in den Bevölkerungsstatistiken; sie sind die Opfer ihrer eigenen Familien,
vorsätzlich getötet oder wegen Vernachlässigung gestorben, einfach nur weil sie Frauen sind.
Nur 44 Länder haben Gesetze gegen häusliche
Gewalt
Die Studie über häusliche Gewalt, die vom UNICEF Innocenti Research Centre (IRC) in Florenz
veröffentlicht wurde, stellt fest, daß bis heute nur 44 Länder spezielle Gesetze bezüglich häuslicher
Gewalt erlassen haben, darunter 12 lateinamerikanische Länder.
Die Deklaration zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (1993) besagt, daß Gewalt gegen
Frauen drei Breiche umfaßt, aber nicht darauf beschränkt ist: Gewalt innerhalb der Familie, in der
Gemeinschaft und Gewalt, die vom Staat ausgeübt oder entschuldigt wird.
Häusliche Gewalt
Der UNICEF-Report wurde im Vorfeld der Beijing +5 Überprüfungskonferenz, die vom 5. bis 9.
Juni in New York stattfindet, veröffentlicht.
UNICEF stellt fest, dass häusliche Gewalt eine besonders bösartige
Verweigerung von Menschenrechten ist, da sie nicht von Fremden sondern von
Familienmitgliedern ausgeübt wird, von Vertrauenspersonen. Häusliche Gewalt kommt weltweit
vor, sie beeinträchtigt die körperliche und seelische Gesundheit von Frauen und Kindern, bedroht
ihre finanzielle Sicherheit und zerstört ihre Selbstachtung. Im schlimmsten Fall ist häusliche Gewalt
lebensbedrohend, wenn Frauen umgebracht werden oder aus Verzweiflung Selbstmord begehen.
Der UNICEF-Report schlägt eine Strategie vor, die Sofortmaßnahmen für die Opfer beinhaltet,
sich aber gleichzeitig mit den Ursachen von Gewalt gegen Frauen auseinandersetzt. UNICEF
fordert integrierte Strategien und die Beteiligung von vielen Akteuren, darunter religiöse Führer,
Gemeindevorsteher und Dorfälteste. Weiters wird gefordert die Sicherheit von Frauen und
Mädchen durch allgemeine Schulpflicht, Ausbildung und Arbeitsplätze zu erhöhen.
In einem Artikel im Report verweist Radhika Coomaraswamy, UN-Sonderberichterstatterin für
Gewalt gegen Frauen, auf die speziellen Verpflichtungen des Staates hinsichtlich häuslicher
Gewalt. Sie sagt, daß „Regierungen sicherstellen sollten, daß es keine Straffreiheit für Täter gibt
und daß Fälle von Gewalt in der Familie untersucht und bestraft werden müssen.“
Ende von Straffreiheit für die Täter
Der Report fordert eine Reihe von Maßnahmen, um die Opferzahl zu verringern, darunter
Gesetzesreformen und das Ende von Straffreiheit für die Täter. Jene lateinamerikanischen Staaten,
die diesbezügliche Gesetze verabschiedet haben, sind Argentinien, Bolivien, Chile, Kolumbien,
Costa Rica, Ecuador, El Salvador, Mexiko, Nicaragua, Peru, Puerto Rico und Uruguay. Einige
Länder haben bereits Gesetze gegen Vergewaltigung in der Ehe erlassen, darunter Österreich,
Mexiko, Namibia, Südafrika und die USA, doch der Report stellt fest, daß sexueller Mißbrauch
und Vergewaltigung durch den eigenen Partner in den meisten Ländern nicht als Verbrechen
angesehen werden.
„Katalog“ der
Gewalt
Die UNICEF-Studie über Gewalt im Familienkreis listet einen entsetzlichen „Katalog“ der
Formen von Gewalt gegen Frauen auf, die von Familienmitgliedern ausgeübt wird. Dieser
„Katalog“ beginnt bei Abtreibungen von weiblichen Föten, beinhaltet Prügel und andere
„sichtbare“ Formen von Gewalt, wie Säureattacken und Mord aus Gründen der Ehre, und listet
auch die weniger „sichtbaren“ Formen auf, wie Nahrungsentzug, mangelnder Zugang zu
medizinischer Versorgung und Schulbildung, Zwangsarbeit und -prostitution. Der Report betont
die Verbindung zwischen häuslicher Gewalt und der Ausbreitung von HIV/AIDS, sowie die
Verbindung zwischen häuslicher Gewalt und der Verfügbarkeit von Waffen.
(red)