Präsident Jacques Chirac würdigte Revel als "aufmerksamen Wächter der Demokratie". Der "brillante Journalist und unabhängige Geist" habe "im Herzen der großen politischen und philosophischen Debatten unserer Zeit" geschrieben. Für die Académie française erklärte die Historikerin Hélène Carrère d'Encausse, Revel "habe einen krankhaften Schrecken vor dem "politisch Korrekten"" gehabt. "Der Kampf um die Worte war ein Element seines Kampfes um die Wahrheit."
Warum Philosophen?
Jean-François Ricard alias Revel wurde am 19. Jänner 1924 in Marseille geboren. In den vom Weltkrieg und dem Kampf um Kommunismus und Demokratie geprägten Jahren studierte er Philosophie an der Elitehochschule Ecole Normale Supérieure und lehrte (von 1947 bis 1963) in Algerien, Mexiko, Florenz und an französischen Hochschulen. Dann wandte er sich dem Journalismus und der Literatur zu.
Schon 1957 setzte sich Revel in dem Buch "Pourquoi des philosophes?" ("Warum Philosophen?") kritisch mit Marx und Heidegger auseinander. Einen internationalen Durchbruch feierte Revel 1971 mit "Weder Marx noch Jesus" über die kulturellen und politischen Auswirkungen der Umwälzungen infolge der 68er-Bewegung. In dem in mehr als 20 Sprachen übersetzten Werk erklärt Revel den Liberalismus und nicht den Marxismus zur großen Revolution des 20. Jahrhunderts.
"Feigheit der westlichen Demokratien"
Revel blieb dabei nicht im intellektuellen Elfenbeinturm. Als Leitartikelschreiber des Nachrichtenmagazins "L'Express" sowie - nach dem Bruch mit dem Eigner - als Chronist des konkurrierenden Blattes "Le Point" wandte er sich an eine breitere Öffentlichkeit.
Monatelang in den Bestsellerlisten standen Bücher wie "Die totalitäre Versuchung" und "So enden Demokratien". Das zweite Werk, in dem Revel die "Feigheit der westlichen Demokratien angesichts des sowjetischen Expansionismus" brandmarkt, brachte ihm unter anderem 1986 den Konrad-Adenauer-Preis ein.