Kammerflimmer Kollektief

Sa., 6.5.
Die Werft, Korneuburg

Foto: donaufestival
Korneuburg – Im Anfang war das Kammerflimmer Kollektief vor allem eine geniale Ausgeburt nomineller Mimikry: Mitte der 90er-Jahre, da war Thomas Weber ganz allein zuhaus. Mit Gitarre, Computer und Sampler als einzigen Kombattanten arbeitete er in seiner Karlsruher Wohnung an den Tracks. Erst 1999, zur Realisierung des auf dem Payola-Label erschienenen Doppel-Debüts Mäander und Incommunicado, da erwachte das virtuelle "Kollektief" – der Name wurde vom Niederländer Willem Breuker geborgt – zu realem Leben.

Galt es doch, die auf ersterer CD versammelten Stücke Webers, in denen dieser in schädeldeckenhebend spannender Art und Weise relaxt groovende Post-Rock- und Post-Folk- Strukturen mit Zahnarztbohrer-Drones, Noise-Schichten und Free-Attacken kurz schloss, nicht ohne sich dabei etwa bei Ornette Colemans Free Jazz und Miles Davis' In A Silent Way zu bedienen – galt es doch also, die digitalen Basteleien auf Incommunicado in ein analoges Band-Setting rückzuübersetzen und spielbar zu machen.

Seither gruppieren sich – aktuell – Heike Aumüller (Harmonium), Christopher Brunner (Schlagzeug, Vibrafon), Johannes Frisch (Bass), Heike Wendelin (Violine, Viola) und D. Wurm (Saxofone) um den an Gitarre und Computer werkenden Thomas Weber. Der hält entgegen suggerierter "Kollektivität" noch immer die Fäden in der Hand. Und mit den exzellenten Alben Hysteria (2000), Cicadidae (2003) und Absencen (2005) – die beiden letzteren beim Ber- liner Staubgold-Label erschienen – wird am aufregenden Kurs der kompetenten Amal- gamierung von elektronischen Sounds, entschleunigten Songstrukturen und (Free-) Jazz-Einwürfen festgehalten.

Noch vor verwandten Formationen wie dem Tied & Tickled Trio erweist sich das Kammerflimmer Kollektief als substanzvollster Geheimtipp an der Schnittstelle zwischen Retortenklängen abseits von Dancefloor-Beats und improvisierter Expressivität. Höchste Zeit für ein Österreich-Konzert in größerem Rahmen!´ (SPEZIAL, DER STANDARD, Printausgabe, 3.5.2006)