Wie viel Geld befand sich in welchen Tresoren, wem gehörte es, und wann verschwand es, und wohin? Angeblich sollen dubiose Transaktionen über vorgelagerte Gesellschaften einer Bawag-Tochter in Dublin gelaufen sein.

Foto: SPÖ
Der ÖGB kommt nicht zur Ruhe. Die Spitzenfunktionäre gehen seit Tagen auf Tauchstation, Gerüchte machen die Runde, die nächsten "dicken Hunde" in der Bawag-Affäre seien schon sehr bald zu erwarten. Das bringt auch die SPÖ zunehmend in Unruhe.

Nach den jüngsten Andeutungen von Vizekanzler Hubert Gorbach sollen ja über die Gewerkschaft "Querfinanzierungen" gelaufen sein, was nicht nur SPÖ- Sprecher Josef Kalina entschieden dementiert. Kalina: "Das ist glatte Verleumdung." Die SPÖ prüft eine Klage gegen Gorbach. "Das ist eine unglaubliche Verleumdung und eines Regierungsmitgliedes unwürdig. Dem Herrn Gorbach steht das Wasser mit seinem BZÖ offensichtlich bis zum Hals", sagt Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos zum STANDARD.

Die SPÖ habe "ihre Finanzen immer transparent dargestellt und veröffentlicht. Man sollte sich eher die Finanzen der ÖVP anschauen, die im Jahr 2002 angegeben hat, im Wahlkampf sechs Millionen ausgegeben zu haben und dann offiziell nur drei Millionen Euro ausgewiesen hat."

"Gesetze eingehalten"

Dass die SPÖ nach dem Abgang von Ex-Kanzler Viktor Klima auf einem Schuldenberg von 24 Millionen Euro sitzen geblieben ist, sei auch kein Geheimnis. Allerdings sei dieser mittlerweile bis auf vier Millionen Euro abgebaut – und zwar ohne Hilfe des ÖGB oder der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG), wie Darabos betont: "Da ist kein einziger Cent geflossen." Dem aktuellen Schuldenstand stünden "Vermögenswerte in ähnlicher Höhe" entgegen: "Der SPÖ gehört noch das Vorwärts-Haus und das Haus Altmannsdorf als wesentlichste Immobilien." Verkauft wurden unter anderem die Anteile an der Echo-Werbung, deren Erlös ebenfalls zur Schuldtilgung verwendet wurde.

Gemeinsame Projekte nachlesbar

Mit der FSG habe es gemeinsame Projekte, wie Maßnahmen zur Pensionsreform gegeben, "die in jedem Detail mit dem Parteienförderungsgesetz korrespondieren und auch ausgewiesen sind. Das ist alles in den Berichten an den Rechnungshof nachlesbar. Wir haben uns penibel an die Gesetze gehalten."

Die Schulden seien auf "mehrere Banken aufgeteilt gewesen und nicht nur allein bei der Bawag, damit das klar ist, bevor da auch noch irgendwelche Unterstellungen daherkommen". Saniert habe die SPÖ sich "durch einen rigorosen Sparkurs". Darabos: "Erstens haben wir unsere ehemals 118 Mitarbeiter auf die Länder übertragen, das heißt: Die Bundespartei hat keine Angestellten mehr in den Ländern, früher waren ja die Bezirkssekretäre alle Bundesangestellte. Allein in diesem Bereich haben wir pro Jahr fast zwei Millionen Euro weniger zu bezahlen gehabt, macht in sechs Jahren 12 Millionen Euro. Dann haben wir bei den Mitgliedsbeiträgen eine Erhöhung um damals zehn Schilling durchgeführt, die gänzlich der Bundespartei zugeflossen ist. Daraus sind weitere zehn Millionen hereingekommen."

Einzelspender

Zusätzlich habe es in den letzten sechs Jahren "eine Reihe von Einzelspendern gegeben". Darabos: "Auch das haben wir dem Rechnungshof und über die Wiener Zeitung der Öffentlichkeit mitgeteilt und laut Parteiengesetz transparent gemacht."

Konkret nennt Darabos folgende Zahlen: "Auch das wurde dem RH berichtet: 2000 waren es 2,8 Millionen Euro, 2001 waren es 2,4 Millionen, im Jahr darauf acht Millionen Euro. Das war das Wahljahr, da sind also alle Wahlfonds der Länder eingerechnet. Im Jahr 2003 waren es 1,2 Millionen und 3,6 Millionen im Jahr 2004." Gespendet hätten Einzelpersonen und Firmen, wobei Letztere jede Spende über 100.000 Euro deklarierten.

Irische Gerüchteküche

Bei den Gerüchten um mögliche Querfinanzierungen von Partei oder Gewerkschaft fällt immer wieder ein Name: "Bawag International Finance", eine Tochterfirma in Dublin. Über sie ist der letzte, uneinbringliche 350-Millionen-Euro-Kredit an Ex-Refco-Chef Philipp Bennett gelaufen. Laut einem Insider haben die US- Behörden, die gegen Bennett ermitteln, diese Gesellschaft bereits unter die Lupe genommen. Es bestehe der begründete Verdacht, dass der "Dublin International" andere Gesellschaften vorgelagert worden seien – etwa auf den Kanalinseln. Jedenfalls wollen die Ermittler bemerkt haben, dass Gelder, auch "Kick-Backs" aus Provisionen, über die irische Tochter der Bawag quasi im Kreis geschickt worden seien.

Irische Töchter der Bawag tauchen auch im Zusammenhang mit den Karibikgeschäften von Wolfgang Flöttl auf, über die die Oberösterreichischen Nachrichten im März dieses Jahres berichteten. Eine Anzeige des Landesgendarmeriekommandos Salzburg im Zusammenhang mit der Atomic-Pleite gründet sich auf zwei Überweisungen der Atomic-Tochter Koflach an eine Euro Rail Invest Ltd und eine Rail Transinvest Ltd, die nach Meinung der damaligen Ermittler schon aufgrund der Direktorenbesetzung "Tochterunternehmen der Bawag sein dürften". Über dieselbe Adresse seien 1994 die Karibik-Geschäfte von Flöttl junior gelaufen.

Dubiose Geldflüsse sollen auch über die liechtensteinische "Desana"-Stiftung der ÖGB-Vermögensverwaltungsgesellschaft gelaufen sein. Ex- ÖGB-Finanzchef und Ex-Bawag-Aufsichtstratschef Günter Weninger beteuert, dass er über die "Desana" "niemals Kredite organisiert" habe. Er habe auf Wunsch der Bawag die Stiftung namens der ÖGB- Gesellschaft gegründet, diese habe aber ihre Kredite völlig selbstständig mit dem Stiftungsvorstand abgewickelt. (DER STANDARD, Printausgabe 6./7.5.2006)