Ein Dachausbau mit Mängeln muss auf Kosten des Verkäufers repariert werden. Doch laut OGH-Urteil hat dieser das Recht, selbst die Sanierung durchzuführen, und muss nicht einfach eine Preisminderung durch den Käufer akzeptieren.

Foto: STANDARD/Newald
Das neue Gewährleistungsrecht räumt dem Verkäufer das Recht ein, Mängel zu beseitigen oder sein Produkt ganz auszutauschen. "Geld zurück" gibt es nur in Ausnahmefällen.

***

Das neue Gewährleistungsrecht beschäftigt weiter die Gerichte. Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs zur Definition des "geringfügigen Mangels" im Sinne von § 932 Abs 4 ABGB (OGH 1 Ob 15/05y vom 24. 5. 2005) und einem Urteil zum Verlust des Vertrauens in die Person des Verkäufers (Überbringers) folgt nun ein neues Urteil des Höchstgerichts zur Frage, ob und unter welchen Bedingungen das Recht zur Verbesserung bzw. zum Austausch der Sache Vorrang vor der Preisminderung hat (OGH 5 Ob 191/05g vom 2. 12. 2005).

Im Anlassfall ging es um den Erwerb einer Eigentumswohnung, zu der auch eine Dachterrasse gehört. Dieser Flachdachaufbau erwies sich als mangelhaft, weil die Dichtung nicht funktionierte und Wasser in die Wände durchsickerte. Der Käufer war darüber wenig erbaut und versuchte erst gar nicht, vom Verkäufer die Sanierung abzuverlangen. Er ließ nach einem Beweissicherungsverfahren ein Unternehmen seiner Wahl und seines Vertrauens die notwendigen Umbauarbeiten durchführen. Eine entsprechende Minderung des Kaufpreises wollte er im Anschluss gerichtlich durchsetzen.

Das Erstgericht legte § 932 ABGB idF des GewRÄG (BGBl I, 48/2001) so aus, dass in einem zweistufigen System der Gewährleistungsansprüche der Verbesserung der Vorrang zukomme. Preisminderung kann nur dann geltend gemacht werden, wenn Verbesserung mit normalem wirtschaftlichem Aufwand nicht möglich oder unverhältnismäßig ist. Im vorliegenden Fall habe der Käufer den Verkäufer überhaupt nicht zur Verbesserung aufgefordert, sondern gleich auf Preisminderung geklagt.

Das Berufungsgericht kam zu einem anderen Ergebnis. Der Käufer und Kläger könne sofort Preisminderung verlangen, da die Sanierung durch ein vom Verkäufer beauftragtes Unternehmen ihm erhebliche Unannehmlichkeiten gebracht hätte und er auch nicht direkt gegen den ursprünglich mit dem Dachaufbau beauftragten Professionisten vorgehen könne, weil dieser ja vom Verkäufer beauftragt sei.

Rechte für Verkäufer

Das Höchstgericht folgte hingegen wieder der Rechtsmeinung des Erstgerichts und berief sich auf das Stufensystem im neuen Gewährleistungsrechts. Nach diesem in Art 3 Abs 3 und 5 der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie festgelegten System kommt der Mängelbehebung - durch Verbesserung oder Austausch - Vorrang vor den Gestaltungsrechten - das sind Preisminderung und Wandlung (Rückgabe) - zu. Der Gesetzgeber wollte mit dem "Recht zur zweiten Andienung" den Verkäufern einen Ausgleich für die Stärkung der Käuferrechte einräumen.

Eine Preisminderung ohne vorherige Möglichkeit zur Mängelbeseitigung als Rechtsbehelf der zweiten Stufe kommt nur infrage, wenn der Verkäufer die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder wenn diese Abhilfen mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden sind. Im Anlassfall lagen solche Unannehmlichkeiten allerdings nicht vor. Übliche Arbeiten und Verschmutzungen bei der Verbesserung gehören für den OGH nämlich nicht dazu und sind vom Käufer hinzunehmen (vgl. OGH 6 Ob 85/05a vom 3. 11. '05, Einbauküche).

Das Angebot zur Verweigerung kann etwa dann abgeschlagen werden, wenn gravierende Probleme in der Kommunikation bestehen, weil der Verkäufer etwa im Ausland sitzt oder wenn es Grund zur Annahme gibt, dass das Unternehmen, das der Verkäufer beauftragen will, die Arbeiten sach-, fach- und zeitgerecht durchführen kann. Dafür fand der OGH im entschiedenen Fall allerdings keine Anhaltspunkte. Deshalb hätte der Käufer dem Verkäufer das Recht zubilligen müssen, ein Unternehmen seiner Wahl mit der Mängelbehebung zu beauftragen.

Die Rechtsprechung zum neuen Gewährleistungsrecht wird von unterschiedlichen Senaten des Höchstgerichts homogen aufbereitet. Es liegt an den Rechtsanwendern, die Grundsätze in der Praxis zu beachten. Sofortige Wandlung des Vertrages und "Geld zurück" bleiben im neuen Recht die Ausnahme. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.5.2006)