Während es von ORF-Chefin Monika Lindner eine Rüge für "ZiB"-Moderator Armin Wolf gab, reagierten die Journalisten des öffentlich-rechtlichen Senders mit einer Solidaritätsadresse und Kritik an der ORF-Spitze. "Die Medienresonanz von Wolfs Hochner-Preis-Rede und die daraufhin in geradezu unglaublicher Breite geäußerte Zustimmung ist für die ORF-Journalisten Anlass zur Hoffnung, dass das zum Anstoß einer umfassenden öffentlichen Diskussion über die Notwendigkeit der Sicherung und des Ausbaus der Unabhängigkeit und damit der Glaubwürdigkeit des ORF wird", teilte der ORF-Redakteursrat in einer Aussendung mit.

Der ORF sei zweifellos demokratiepolitisch, kulturell und für die nationale Identität zu wichtig um seine Aufgaben weiterhin unter untauglichen gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllen zu müssen - "Rahmenbedingungen, die nicht zuletzt parteipolitische Einflussnahmeversuche geradezu herausfordern." Die Erfüllung konkreter Forderungen der ORF-Journalisten werde vom Gesetzgeber seit Jahren beharrlich verweigert. "Vielleicht hilft - in doppelter (ORF- und Nationalrat-)Vorwahlzeit - ein breiter öffentlicher Diskurs. Diesen zu erzwingen, sollte doch gerade ein von der Journalistengewerkschaft vergebener Preis erleichtern", erklärten Markus Sint, Danielle Spera und Fritz Wendl für die ORF-Redakteure.

Heftige Kritik übten die ORF-Journalisten an der Führungsspitze des Unternehmens. "Zu nicht unwesentlichen Behinderungen journalistischer Arbeit im ORF gehört auch der Eindruck, den öffentliche Verhaltensweisen führender Repräsentanten des Unternehmens erwecken. Etwa, wenn bei der Verleihung der wichtigsten österreichischen Journalistenpreise zwar die Crème de la Crème der Medienzunft dieses Landes versammelt war, aber die ORF-Spitze weitgehend durch Abwesenheit glänzte. Unter den Abwesenden auch etliche, die zwei Tage davor bei einer Parteiveranstaltung eifrig applaudierten." Die ORF-Journalisten spielten damit offenbar auf ORF-Generaldirektorin Lindner an, die zu Beginn der Woche eine ÖVP-Parteiveranstaltung besuchte und bei Bundeskanzler Wolfgang Schüssels Rede zur Lage der Nation hinter Schüssel in der zweiten Reihe saß. An der Hochner-Preisverleihung in der Hofburg Mittwochabend nahm aus dem ORF Informationsdirektor Gerhard Draxler teil, ORF-Generaldirektorin Lindner sowie Chefredakteur Werner Mück fehlten bei der Auszeichnung von Wolf. (APA)