Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA
Wien - Die Schweizer Philosophin Jeanne Hersch ist in der Nacht auf Montag im Alter von 89 Jahren gestorben. Bis zuletzt führende Intellektuelle Hersch war Schülerin des deutschen Existenzphilosophen Karl Jaspers und eine der ersten Frauen, die in der Schweiz auf einen Lehrstuhl berufen wurde. Hersch wurde am 17. Juli 1910 in Genf geboren. Sie studierte Philosophie und Literaturwissenschaft. 1932 wurde sie in Heidelberg Schülerin Jaspers. Nach Lehrtätigkeiten in Genf und den USA nahm sie 1956 einen Ruf als Professorin für systematische Philosophie an der Universität Genf an. Für ihre wissenschaftliche Tätigkeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, wie 1973 den Preis der Fondation pour les Droits de l'homme und den Karl-Jaspers-Preis 1992. Unesco-Engagement Neben ihrer universitären Karriere engagierte sich Hersch auch für die UNESCO. So wurde sie erste Leiterin der von der UN-Organisation in Paris eingerichteten Abteilung für Philosophie und gehörte dem Exekutivausschuss der UNESCO an. Thema Freiheit In ihren Werken beschäftigte sie sich mit den Grenzen der Freiheit des politischen Menschen. Adolf Hitlers Machtübernahme in Deutschland prägte Hersch: "Da verstand ich, wie ein totalitäres Regime sich durchsetzt. Seine Ideologien werden zerstäubt in einer Art Atmosphäre, die man von morgens bis abends einatmet und die einen buchstäblich mit jedem Atemzug vergiftet." Reaktionäres Denken oder frei von tradierter Ideologie Fortan setzte sie sich zumindest ideell gegen jedwede Form von doktrinärem und totalitärem Denken ein. Eine wichtige Thematik für sie als Philosophin war die Frage nach der Politik als Basiskontext jedweder philosophischen Auseinandersetzung. Der überzeugten Sozialistin wurde dennoch öfters der Vorwurf gemacht, sie sei eine konservative Denkerin. Sie hielt weder viel von der 68er-Bewegung mit ihrer Selbstverwirklichung gegen die Autoritäten, noch von der feministischen Bewegung: "Tun was man will, wie man will, wo man will? Das ist doch Unsinn. Das ist nicht Freiheit, sondern Willkür." Und sie stand für die Atomkraft ein. Für andere war sie eine Denkerin, die sich nicht an breite Ideologien binden wollte. (APA/AP/bto)