Abtreibungspille Mifegyne
Foto: Mifegyne/D/Oe
Rom - Italiens neue Gesundheitsministerin, Livia Turco, sorgt eine Woche nach ihrem Amtsantritt für hitzige Diskussionen. Die Linksdemokratin erklärte, sie werde sich für die Einführung der Abtreibungspille RU 486 einsetzen, die in Italien bisher nur in einigen Krankenhäusern getestet worden war. "Wir werden bei der Einführung der Pille natürlich das Abtreibungsgesetz respektieren", meinte Turco.

Neben Irland und Portugal ist Italien seit 2000 das einzige westeuropäische Land, in dem die Abtreibungspille Mifegyne noch nicht zugelassen ist. Der Vatikan und die italienischen Bischöfe laufen seit langem gegen RU 486 Sturm und machten ihren Einfluss bei der rechts gerichteten Regierung gegen eine allfällige Zulassung geltend. Daher hat die französische Herstellerfirma Exelgyn bis Ende 2005 darauf verzichtet, die Registrierung des Medikaments in Italien zu beantragen.

Versuchsreihe

Im vergangenen September 2005 wurde eine Versuchsreihe am Turiner Spital Sant' Anna eingeleitet. Nach kurzer Unterbrechung - wegen des Einschreitens des konservativen Gesundheitsministers Francesco Storace - wurde sie im November weitergeführt, allerdings mit der Auflage, dass die Frauen drei Tage hospitalisiert werden müssen. Andere Regionen und Spitäler sind dem Beispiel des Piemont gefolgt: Ligurien, die Lombardei, Umbrien, Latium, Kampanien wollen ebenfalls Versuchsreihen starten.

Italienische ÄrztInnen weisen darauf hin, dass weitere Versuchsreihen unnötig sind: Das Medikament ist millionenfach erprobt und von der EU-Behörde seit 1999 zugelassen. Die Auseinandersetzung um RU 486 hat die Debatte um das Abtreibungsgesetz in Italien neu entflammt. Der Vatikan hatte in den vergangenen Monaten öfters gegen die Einführung der Abtreibungspille gewarnt.

Vatikan empört

Die Worte der neuen Ministerin lösten im Vatikan und in katholischen Kreisen scharfe Kritik aus. "Man muss die Einführung von Mitteln verhindern, die in einer gewissen Weise die gravierenden Folgen des Schwangerschaftsabbruchs als Entscheidung gegen das Leben verbergen", sagten Parlamentarier der christdemokratischen UDC.

Die neue Regierung Prodi hat den Vatikan bereits geärgert. Italiens neue Familienministerin Rosy Bindi sprach sich für die Revision des Gesetzes über die künstliche Befruchtung und für die Legalisierung zusammenlebender Paare aus. "Man darf den Schutz zusammenlebender Paare nicht nur dem Bereich des Zivilrechts überlassen. Auch das Parlament muss sich damit beschäftigen. Wo ist die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Bereich?", fragte Bindi.

"In Italien gibt es zum ersten Mal ein Familienministerium. Ich werde natürlich auf die Kirche hören, aber zugleich auch die Änderungen in der Gesellschaft mit den verschiedenen Formen von Familie berücksichtigen müssen. Ich muss eine Synthese zwischen meinen katholischen Werten und dem Respekt laizistischer Ideen finden", betonte Bindi.

Die Stellungnahme der neuen Familienministerin sorgte für nervöse Reaktionen im Vatikan. "Beeindruckend ist die riesige Anstrengung bei der Bemühung, Positionen zu verteidigen, die man zumindest aus katholischer Sicht nicht verteidigen kann", kommentierte das Vatikan-Sprachrohr "L'Osservatore Romano". (APA)