Roland Foisner: "Laminopathie betrifft 1.100 Menschen in Europa."

Foto: Standard/Foisner
Roland Foisner von den Max F. Perutz Laboratories der Medizinischen Universität Wien ist es gelungen, Mittel für ein Forschungsprojekt aufzustellen, in dem 13 Gruppenleiter aus Deutschland, England, Frankreich, Italien, Österreich, Spanien, Israel und der Schweiz zusammenarbeiten. Keine leichte Aufgabe, wenn der Forschungsgegenstand "Laminopathie" heißt. Diese Gruppe von Krankheiten wird selten diagnostiziert und ist weit gehend unerforscht - DER STANDARD berichtete kürzlich. Das interdisziplinäre Team widmet sich in den nächsten drei Jahren einem weit gehend unverstandenen genetischen Defekt, der laut Foisner "derzeit etwa 1100 Patienten in Europa betrifft".

"A-Typ-Lamine sind Proteine, die im Zellkern von spezialisierten Säugetierzellen in fast allen Organen vorkommen und für die Funktionen von Muskeln, Haut, Knochen und Nerven eine Rolle spielen", fasst Foisner den Erkenntnisstand knapp zusammen. Veränderungen im Erbgut der Patienten, das für Eiweißmoleküle - auch A-Typ-Lamine - kodiert, führen zu Krankheitsbildern, die erst nach der Geburt auftreten und sich noch im Kindesalter verschlechtern. Laminopathien treten als Muskelschwäche, Herzversagen, Degenerationen im Knochen- und Hautgewebe, der Umlagerung von Fettgewebe mit Diabetes oder vorzeitiger Alterung auf. Die Patienten sind also sehr jung und sterben meist früh an den gravierenden Folgen. Neben Faszination, Neugierde, Ausdauer, Flexibilität und Organisationstalent gehört für den Molekularbiologen auch ein "dickes Fell" zum Forscherdasein, um Rückschläge einstecken zu können.

"Bei so seltenen und komplexen Erkrankungen ist es wichtig, eng vernetzt zu sein, um eine genügend große Zahl von Patienten betreuen und verschiedene Aspekte der Krankheit mit den jeweiligen Experten untersuchen zu können", betont der 1958 Geborene. Es widerspricht der pharmaökonomischen Logik, Arzneien zu entwickeln, die nur wenige Menschen brauchen. Foisner und sein Forscherteam haben allerdings einige gute Argumente im Köcher: Durch Forschungsarbeiten an Progeria - dem vorzeitigen Altern - "lernen wir viel über den normalen Alterungsprozess und können versuchen, Strategien zu entwickeln, um ihn zu verlangsamen oder alterungsbedingte Fehler zu korrigieren".

Durch Mutation von Laminen scheinen jene Zellen betroffen zu sein, die ab der Geburt für die Regeneration von Geweben zuständig sind. Die Forschungen konzentrieren sich also auf "molekulare Regulationsmechanismen in den adulten Stammzellen von Maus und Mensch, die für regenerative Behandlungsmethoden wichtig sein können". Weiters treten auch viele Symptome auf, die man von weit verbreiteten Krankheiten wie Diabetes kennt. Neue Arzneien und Therapien wären also breiter einsetzbar.

Biologische Prozesse faszinierten Roland Foisner schon immer: "Herauszufinden, wie sie im Detail funktionieren" war und ist eine wesentliche Antriebskraft vom Studium der Biochemie bis zur täglichen Arbeit heute. Als Postdoc in La Jolla lernte er, "wie effizient Spitzenlabors in den USA Forschung organisieren, dass auch weltberühmte Wissenschafter mit Wasser kochen und ich mit meiner Ausbildung durchaus in der Lage bin, beizutragen". Seine Freizeit widmet der Molekularbiologe durchwegs der Makrobiologie: "Ich züchte exotische Pflanzen aus Samen oder Ablegern, arbeite im Garten als Ausgleich oder betreibe Sport." Mit einer berufstätigen Chemikerin verheiratet und drei Kindern nimmt die selbstverständliche Arbeitsteilung bei Kinderbetreuung und Haushalt den Rest der Zeit in Anspruch. (Astrid Kuffner/DER STANDARD Printausgabe, 24. Mai 2006)