Wien - Der am Dienstagabend von der Bundesregierung verordnete Abbruch der Fusionsgespräche von OMV und Verbundgesellschaft könnte nach den Wahlen im Herbst widerrufen werden. Sowohl in der ÖVP als auch in der SPÖ mehren sich Stimmen, die ein Zurück an den Verhandlungstisch fordern. Auch OMV und Verbund halten sich die Option für eine Fusion offen.

"Knackpunkt sind natürlich die 51 Prozent in öffentlichem Besitz, die von den Landeshauptleuten als Bedingung für ihre Zustimmung genannt wurden", heißt es im Verbund. "Wenn das so käme, wäre das ein verheerendes Signal in Richtung Brüssel, wo man bestrebt ist, staatliche Mehrheiten zurückzudrängen. Das würde niemand verstehen, auch der Kapitalmarkt nicht."

Hintertür

Die OMV hat sich eine Hintertür offen gehalten. In einer Adhoc-Mitteilung hat das Unternehmen zwar bekannt gegeben, dass "die notwendigen parlamentarischen Beschlüsse, die den Zusammenschluss von OMV und Verbund ermöglicht hätten, nicht erreicht werden können". Das Unternehmen vermied es aber, das Vorhaben dezidiert als gescheitert zu bezeichnen. Nach Ansicht eines Übernahmerechtsexperten, der namentlich nicht genannt werden wollte, ist die Causa damit noch nicht vom Tisch.

VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka sagte am Freitag, das von den Generaldirektoren Wolfgang Ruttenstorfer (OMV) und Hans Haider (Verbund) präsentierte Vorhaben sei "allgemein sinnvoll". Die von Nationalratspräsident Andreas Khol (ebenfalls VP) geäußerte Ansicht, eine 51-Prozent-Mehrheit an einer OMV/ Verbund AG sei sinnvoll, bewertete Lopatka als "Meinung des Nationalratspräsidenten".

SPÖ-Klubobmann Josef Cap wiederum forderte einen runden Tisch. Bund, Länder, Gemeinden, Unternehmen und Konsumentenschützer sollten den Mega-Deal "auf Basis des Landeshauptleute-Vorschlags" erneut diskutieren.

Stromfusion vor Abschluss

Der Ziellinie näher gekommen sind Verbund und Energie Allianz um EVN, Wienstrom und dem burgenländischen Stromversorger Bewag in Sachen Stromfusion (siehe Infografik). Am Mittwoch haben Juristen dem Vertragswerk den letzten Schliff gegeben, erfuhr DER STANDARD aus Verhandlungskreisen. Nur noch eine Runde mit Verbund-Chef Haider und dem Chefverhandler der Allianz, EVN-Chef Burkhard Hofer, sei ausständig mit der Festlegung der Bewertungsvarianten.

Ob die Fusion bei der Wettbewerbsbehörde in Brüssel ohne Abstriche durchgeht, ist fraglich, da sich der Verbund an der Vertriebsgesellschaft beteiligen will. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27./28.5.2006)