Entgegen der Meinung zahlreicher Kritiker ist der Vorsitzende der Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes, Johannes Huber, überzeugt, dass Biopatente die medizinische und biologische Forschung nicht behindern. Diese schaffen mehr Transparenz und dienen als Leistungsanreiz, so Huber anlässlich der Tagung "Die Patentierung biotechnologischer Erfindungen. Aktuelle Debatte und Perspektiven", die am Montag und Dienstag im Rahmen der EU-Präsidentschaft Österreichs in Wien über die Bühne ging.

So stehe es jedem Forscher frei, sich etwa mit einem bestimmten Brustkrebs-Gen zu beschäftigen, auch wenn dies mit einem Patent belegt ist. "Erst wenn aus den Forschungen ein finanzieller Nutzen gezogen werden soll, muss der Patent-Inhaber kontaktiert werden", so Huber, der selbst Gynäkologe und Reproduktionswissenschafter ist. Er ist überzeugt, dass viele wissenschaftliche Erkenntnisse ohne die Möglichkeit einer Patentierung nicht veröffentlicht worden wären. Trotz seiner prinzipiellen Zustimmung zur Biopatent-Richtlinie ortet Huber aber auch Defizite, vor allem bezüglich der ethischen Komponente. "Jeder trägt die ethische Laterne vor sich her, keiner weiß, wie sie aussieht."

Im Rahmen der Konferenz werden die europaweiten Erfahrungen mit der so genannten Biopatent-Richtlinie diskutiert. Das Regelwerk ermöglicht auch eine Patentierung von biologischem Material, wenn dieses "mithilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wird, auch wenn es in der Natur schon vorhanden war". Ausnahmen sind "der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung" oder "die bloße Entdeckung eines Bestandteils des menschlichen Körpers, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens". Die 1998 beschlossene Richtlinie wurde von allen EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt. Kritiker bemängeln, dass Österreich im Gegensatz etwa zu Frankreich oder Italien die Richtlinie mehr oder weniger unverändert umgesetzt hat. Die Kritik an den Regelungen richtet sich vor allem gegen das so genannte Stoffpatent, also die Möglichkeit der Patentierung von Gensequenzen in einer Form, wie sie im Körper natürlich vorkommt. (DER STANDARD Printausgabe, 31. Mai 2006)