Wien - Der Verordnungsentwurf von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zur Lösung der Ortstafelfrage stellt für das Land Kärnten "keine adäquate Lösung" dar. Dies betonte Landeshauptmann Jörg Haider (B) bei der Präsentation der Stellungnahme am Freitag in Wien. Er verlangte neuerlich ein Verfassungsgesetz um das Problem nachhaltig zu lösen sowie einen festgeschriebenen Prozentsatz im Volksgruppengesetz.

Haider: "Unbeeinflusst"

"Ich selbst habe keine eigene Bemerkung einfließen lassen", stellte Haider klar, es handle sich um eine Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Landes Kärnten, die von ihm als Verfassungsreferent an das Bundeskanzleramt "unbeeinflusst weitergeleitet" werde. Haider sieht nach wie vor die Mehrheit in der Bevölkerung hinter sich, auch die Sozialpartner würden nichts von dem Vorschlag des Bundeskanzleramtes halten: "Die Anhängerschaft reduziert sich auf ein kleines Grüppchen".

Haider stößt sich vor allem an dem im Kanzleramts-Entwurf festgelegten Minderheitenanteil von weniger als zehn Prozent in einigen Orten, der damit über das VfGH-Erkenntnis hinausgehe. Zudem seien Ortschaften mit unter 15-Prozent-Minderheitenanteil einbezogen worden. Über hundert Ortschaften seien aufgelistet, obwohl es dort kein verbautes Gebiet gebe, in einigen wie der Drau-Gegend gebe es überhaupt keine Bewohner. Der Entwurf sei also weder eine Erfüllung des so genannten "Karner-Papieres" noch des VfGH-Erkenntnisses, betonte Haider erneut.

Bürgermeister

Auch Stellungnahmen der Bürgermeister der betroffenen Gemeinden seien in die Begutachtung eingeflossen, es würde sich dabei mehrheitlich um SPÖ-Politiker handeln, die ebenfalls den Entwurf ablehnten. So vermisse der Bürgemister von St. Kanzian, Thomas Krainz (S), etwa die "notwendige politische Sensibilität". Haider vermutet außerdem, dass in jeder Gemeinde andere Kriterien angewandt worden seien. Der Entwurf des Kanzleramts enthalte nämlich keinen Prozentsatz, an dem man sich orientieren könnte. Weiterer Kritikpunkt: Die Gemeinden seien nicht in die Begutachtung einbezogen wurden, dies auch in Bezug auf die historischen Ortsnamen.

Dass der derzeitige Entwurf auf die Tagesordnung des Ministerrates gesetzt werden könnte, kann sich Haider nicht vorstellen. Vorerst gelte es abzuklären, dass die Topographieverordnung nicht auch die zweisprachige Beschriftung von Gebäuden wie Schulen und Kindergärten beinhalte. Auch die "Diskriminierung einsprachiger Lehrer", die Benachteiligung von "Kulturträgern der Mehrheitsbevölkerung" gegenüber Volksgruppen-Organisationen bei öffentlichen Förderungen sowie zweisprachige Stellenausschreibungen gelte es zu verhindern. Aus diesem Grund suche Haider nach wie vor eine "dauerhafte Lösung im Sinne der Bevölkerung".

Vorerst kein Kanzler-Kommentar zur Verordnungs-Ablehnung

Das Bundeskanzleramt will die ablehnende Stellungnahme des Landes Kärnten zum Ortstafel-Verordnungsentwurf derzeit nicht kommentieren. Es gelte nun, die Begutachtungsfrist abzuwarten, sagte Schüssel-Pressesprecherin Heidi Glück am Freitag. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos übte hingegen heftige Kritik an Haider. Diesem gehe es lediglich um Eskalation, für die er sogar die Demokratie außer Kraft zu setzen versuche.

SPÖ steht hinter Karner-Papier

Laut Darabos stehe die SPÖ hinter dem breiten Konsens zur Ortstafelfrage auf Basis des Karner-Papiers. Der Stufenplan zur Aufstellung von 158 zweisprachigen Ortstafeln sei mit Ausnahme Haiders und des Kärntner Abwehrkämpferbundes außerdem längst unumstritten. Darabos verlangt, die Ortstafel-Frage endlich unaufgeregt und im Konsens zu lösen, "im Interesse der österreichischen Volksgruppen, der Bevölkerung insgesamt und des Rechtsstaates". Die SPÖ stehe hinter dem breiten Konsens zur Ortstafelfrage auf Basis des Karner-Papiers, bekräftigte Darabos.

Die Begutachtungsfrist für die am 11. Mai vom Bundeskanzleramt veröffentlichte neue Kärntner Topographieverordnung läuft vier Wochen, erst dann werde das Bundeskanzleramt offiziell Stellung zu der anlehnenden Haltung des Kärntner Landesverfassungsdienstes nehmen. Außerdem stehe noch eine ausführliche Prüfung und Ausarbeitung des Papieres bevor, sagte Glück. (APA)