Gut geschützt gen Abenteuer - die R 1200 GS Adventure.

foto: werk

Einmal im Jahr muss es sein. Der Fidler verliert das Gleichgewicht. Mit einer BMW (heuer besonders elegant, weil schon mit der kleinen Fazer von Yamaha geübt, nachzulesen bei Herrn Gluschitsch).

Diesmal verschrammt er die Boxerhäubchen besonders peinlich. Vor dem Funkhaus, wo sich vor dem Radiocafé ein ORF-Direktor, ein paar Presseleute und Journalisten auf die Pressekonferenz über die tollen Leistungen der Anstalt bei der Fußballweltmeisterschaft einstimmen.

Der Fidler auf der nigelnagelneuen BMW R 1200 GS Adventure. Dem Sondermodell der ziemlich sehr genialen, schon im Vorjahr beschriebenen, neuen GS. Da geben wir Ihnen aber die niedrigere Sitzbank (gibts, wenn ich das recht verstanden habe kostenlos), hat der umsichtige Herr Meisenbichler gleich gesagt, als ich sie vor einer Woche in der Wiener Motorradwelt der Bayern abholte.

Die Adventure ist ja schon ein bisserl hoch. 910 Millimeter in der oberen Stufe der originalen Sitzbank, bestimmt gediegen für Offroadeinsätze. In der unteren immerhin noch 895. "Sorgt für eine gute Bodenerreichbarkeit und einen sicheren Stand etwa beim Ampelstopp", textet BMW über die niedrigere Stufe. Nicht beim Fidler. Jedenfalls nicht in der Argentinierstraße.

Oha, Parklücke, stopp! Steht. Und gaaaanz, gaaaanz langsam neigt sich die Adventure mit ihrem stattlichen 33-Liter-Tank (Reichweite bei konstant 90 laut BMW: 750 Kilometer!) nach links. Was immer sie da verloren hat. Gut, dass der Fidler heute die Dunlop-Sportschuhe mit der gaaaanz, gaaaaanz dünnen Sohle anhat. Offenbar die entscheidenden Millimeter zum Asphalt zuwenig. Und die Peinlichkeit nimmt ihren Lauf.

Die 256 Kilos vollgetankt lassen sich relativ vernünftig wieder in die Vertikale wuchten (bei einer LT musste ich da schon einmal auf die Hilfe eines etwas abschätzig lächelnden Truckers zurückgreifen). Dass ich mit meinen 1,72, der Großteil davon Oberkörper, besser neben der GS als auf ihr in die oder aus der Parklücke schiebe, hab ich mir in den Tagen davor schon angewöhnt. Der selbst gelegentlich einspurige Herr ORF-Direktor sagt, er hat nichts gesehen.

Gut, dass die Adventure Tank, Motor und Ventildeckel im Gegensatz zum Basismodell GS extra schützt. Das erspart heute Kratzer auf den Zylinderköpfen, wie sonst bei Fidlers Testfahrten. Oder besser: Testparken. In voller Fahrt hab ich sie noch nie abgeschliffen, zugegeben. Das macht BMW immer schwieriger. Bei der GS, der Adventure oder auch dem neuen Sportboxer R 1200 S, aber zu dem ein ander Mal mehr.

Dabei hatte ich voll der Umsicht gleich am ersten Tag mit dieser 1200er die fetten, kantigen, extrawasserdichten Alukoffer (Aufpreis) mit dem extragroßen Fassungsvermögen mit einem Handgriff abmontiert.

>>>Hochbeinig und fett

Perfekt für die Wüste, potenziell weniger praktisch beim Kolonnensurfen, hat sich schon beim Vorgängermodell 1150 GS Adventure erwiesen. Gleich links und rechts Autokotflügel schleifen gehört sich einfach nicht. Nur der Alukosmetikkoffer namens Topcase blieb innerstädtisch an seinem Platz. Reicht hier für Helm und was man sonst noch so braucht vollkommen.

Genug der Unbilden und Unfähigkeiten, dieses Motorrad fährt sich einfach zu fein, um sich länger mit derlei Lästigkeiten auseinander zu setzen.

Viel zu viel Freude, das hochbeinige Wesen mit dem fetten 1200-er um die Ecken zu prügeln. Da macht die Höhe viel zu viel Spaß: Das extreme Schräglagengefühl muss einem eine Nackte oder ein Sportler einmal nachmachen: Wer von da oben umlegt, bekommt etwas zu spüren.

Den Motor haben wir im Vorjahr schon ausgiebig gelobt, da unterscheidet sich die Adventure keinen Deut von der GS. 202 km/H Spitze, 74 kW/100 PS bei 7000 Touren, sehr ordentliche 115 Newtonmeter bei 5500 Umdrehungen. Die satte Kraft lässt das Vorderrad elegant im Ersten und Zweiten freundlich aufzeigen, wenn man es am Gasgriff ein bisschen beherzter anlegt. Was unterscheidet die Adventure noch vom Basismodell? Kreuzspeichenräder, 20 Millimeter mehr Federweg (waren das die entscheidenden zwei Zentimeter?) für mehr Spielraum im Gelände (und weniger in der Argentinierstraße).

Dazu ein größeres, wirklich fein schützendes Windschild, Gepäckbrücke in Edelstahl, verstellbarer Alulenker mit Handprotektoren, breite Fahrerfußrasten, verstellbare Schalt- und Bremshebel und eine leistungsstärkere Lichtmaschine. Kostenpunkt: 16.550 Euro gegenüber 14.800 bei für die GS. (Harald Fidler, derStandard.at, 7.6.2006)