Brüssel - Der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, übte am Donnerstag überraschend scharfe Selbstkritik an der Außenpolitik der Union. "Der US-Präsident und der Staatschef Chinas kennen keinen Unterschied zwischen den Gebäuden an der Rue de la Loi (das Gebäude der Kommission und vis a vis das Gebäude des Rates, Anm.)", spielte Barroso auf die unübersichtliche Verteilung der Kompetenzen an: In der Kommission sind zumindest vier Kommissare für die Außenbeziehungen zuständig: Benita Ferrero-Waldner für Außenbeziehungen und Nachbarschaftspolitik, Louis Michel für Entwicklung und humanitäre Hilfe, Peter Mandelson für den Handel (WTO) und Franco Frattini für rechtliche Angelegenheiten und Freiheit. Auf der "anderen Straßenseite"ist Javier Solana Außenbeauftragter des Rates.

Solana hätte gemäß der EU-Verfassung dann als Vizepräsident der Kommission der "Außenminister"der EU werden sollen, was nun durch die negativ ausgegangenen Abstimmungen nicht durchzusetzen ist.

Barroso will eine Lösung finden, die mehr Effizienz bringt: "Die Autorität des Präsidenten ist notwendig, damit die EU eine starke Rolle spielen kann,"sagte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ferrero-Waldner. Jedes halbe Jahr soll es einen Außenpolitik-Gipfel mit der Kommission geben. (mimo/DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2006)