Hamburg - Günter Grass findet den Verzicht von Peter Handke auf den Heine-Preis der Stadt Düsseldorf "völlig richtig". Handke habe sich mit seiner Einschätzung des Ex-Diktators Slobodan Milosevic und Serbiens verrannt, sagte der Literatur-Nobelpreisträger der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit". "Handke hat immer die Neigung gehabt, mit den unsinnigsten Argumenten eine Gegenposition einzunehmen", meinte Grass und fügte hinzu: "Ich lebe ungern damit, dass man Schriftstellern eine Art Geniebonus zuspricht, der ihnen dann erlaubt, den größten und gemeingefährlichsten Unsinn mitzumachen."

Grass, dem selbst 1960 der Bremer Literaturpreis zuerkannt, aber wegen politischer Querelen um seinen Roman "Die Blechtrommel" nicht verliehen wurde, kritisierte allerdings das bisherige Prozedere bei der Vergabe des mit 50.000 Euro dotierten Düsseldorfer Heine-Preises: "Eine kompetente Jury spricht einen Preis zu, und ein politisches Gremium entscheidet, ob der Preis überhaupt vergeben wird. Das ist eine Konstruktion, von der man nur hoffen kann, dass sie so verändert wird, wie man das damals in Bremen getan hat: Dort wird der Preis seither von einer Stiftung vergeben."

Kühles Verhältnis

Nach Ansicht von Grass herrscht eine gewisse Tendenz in der deutschen Öffentlichkeit, extreme Meinungen nicht zu tolerieren. "Es gibt keinen Meinungsterror, aber Tabuisierungen, und da ist es schwer, eine Gegenmeinung zu formulieren, ohne gleich unter einen argumentfreien Verdacht gestellt zu werden", schreibt er.

Seit Handkes abwertenden Äußerungen ("Beschreibungsimpotenz") über Kritiker und Autoren beim Treffen der legendären Gruppe 47 im Jahre 1966 in Princeton gilt das Verhältnis zwischen Grass und Handke als unterkühlt. Auf einer Party soll Grass ihm damals mit Filzstift "Ich bin der Größte" auf die Hutkrempe geschrieben und in einem Zeitungsartikel "um bessere Feinde" gebeten haben, erinnerte jüngst die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". (APA/dpa)