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Hundstorfer: "Ich habe doch nichts unterschrieben außer der Anwesenheitsliste."

foto: apa/Herbert P. Oczeret
STANDARD: Sie haben am 8. September 2005 die Fusion von Bawag und P.S.K. unterschrieben und dabei dem ÖGB Schulden von insgesamt 1,5 Milliarden Euro umgehängt. Denken Sie an Rücktritt?

Hundstorfer: Ich sehe keinen Grund für einen Rücktritt. Für mich ist diese Angelegenheit ja glasklar: Ich habe doch nichts unterschrieben außer der Anwesenheitsliste. An diesem Tag fand das Finale der Spaltung und Verschmelzung von Bawag und P.S.K. statt, das war nur der allerletzte Formalakt. Diese Hauptversammlung war das Ergebnis wochenlanger Vorbereitungen und vieler Verträge.

STANDARD: Sie haben aber erst gestern in einem ORF-Interview bestätigt, dass sie die einschlägigen Verträge unterschrieben haben.

Hundstorfer: So war es trotzdem nicht. In dieser Sitzung wurde die Spaltung der alten Bawag beschlossen, die Herauslösung in die Kapital & Wert und in einem Zug die Verschmelzung zur Bawag P.S.K. Der Verschmelzungsvertrag datiert mit 1. August 2005. Wir haben in dieser Sitzung noch eine Satzungsänderung beschlossen und den Aufsichtsrat der neuen Anteilsverwaltung Bawag, der AVB, bestellt. Das war’s. Die Sitzung hat zehn Minuten gedauert. Keiner der entsprechenden Notariatsakte trägt meine Unterschrift. Da gibt es viele Günter Weningers, die unterschrieben haben, viele Ex-Bawag-Vorstände Peter Nakowitz und Johann Zwettlers, aber keinen Hundstorfer.

STANDARD: Faktum ist, dass der ÖGB seit damals auf Schulden von 1,5 Milliarden sitzt. Und das haben Sie mitbeschlossen.

Hundstorfer: Ja, das ist so. Aber das war ein von langer Hand vorbereiteter Akt; an dem Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und die Finanzmarktaufsicht beteiligt waren. Und ich war nur in der finalen Sitzung, weil ich den damaligen Präsidenten Verzetnitsch vertreten habe.

STANDARD: Das war der Akt, der die Bawag erretten sollte - und Verzetnitsch ging nicht hin? Wollte er den Schuldentransfer lieber Ihnen überlassen?

Hundstorfer: Ich leide nicht unter Verfolgungswahn. Ich wurde ein, zwei Tage vorher von Verzetnitschs Büro gebeten, ihn zu vertreten. Er war im Ausland, glaube ich. Und: Ich habe heute den Notar gefragt: Ich hätte in der Sitzung gar nichts mehr verhindern oder auflösen können.

STANDARD: Wer hat diese Konstruktion, die Sie laut Ihrer Darstellung nur vollzogen haben, beauftragt - und warum?

Hundstorfer: Heute kenne ich die Logik dahinter: Das alles war vor Refco, damals war die Bank noch an die 2,7 Mrd. Euro wert. Der Bank-Vorstand und Präsident Weninger haben die rechtliche Konstruktion für all die Vorgänge in Auftrag gegeben. Sie wollten aus der Bawag eine potente, starke Bank machen und einen Teil der Schulden in der AVB, also im ÖGB, haben. Denn sie hatten schon damals vor, die Bank 2008 zu verkaufen. In Abzug der beim ÖGB gelandeten Verluste wäre rund eine Milliarde Euro übrig geblieben. Was damals keiner wusste, waren Refco und die Folgen.

STANDARD: Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist sehr verärgert über Sie: Sie hätten ihm verschwiegen, dass Sie mitgewirkt haben an der Schuldentransaktion.

Hundstorfer: Ich habe grundsätzlich nichts verschwiegen. Über die AVB und ihre Schulden haben die Finanzmarktaufsicht und das Finanzministerium Bescheid gewusst. Ob er wusste, dass ich bei dieser Hauptversammlung war, weiß ich nicht. Aber das Faktum wurde bereits in der ersten Woche meiner Präsidentschaft öffentlich.

STANDARD: Es ist noch immer nicht klar, ob Ihre 1,5 Mrd. Euro Schulden aus Karibik-Verlusten oder aus dem Kauf der P.S.K. durch die Bawag stammen. Bitte um Aufklärung.

Hundstorfer: Das ist eine semantische Unterscheidung und eh egal. Weil Geld hat kein Mascherl, und die Beträge sind fast ident: Die P.S.K. hat rund 1,4 Mrd. Euro gekostet. Irgendwer hat das eben alles zahlen müssen.

STANDARD: Der ÖGB muss wahrscheinlich all sein Vermögen versilbern, das er nicht zum "Betrieb" braucht. Auch das der Teilgewerkschaften?

Hundstorfer: Wir sind alle eins, und werden daher alle gerade stehen müssen. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.6.2006)