Foto: Christian Doppler Gesellschaft
STANDARD: Inwiefern besitzen Ihre Werkstoffe Intelligenz? Mitterer: Beim Drehen, Fräsen oder Bohren kann es leicht zu Temperaturen um 1000 Grad kommen. Hier haben wir Schichten entwickelt, die bei hoher Temperatur selbstständig härter und verschleißbeständiger werden.

STANDARD: Das heißt also, dass sich das Material im Arbeitsprozess selbst veredelt?

Mitterer: Ja genau. Man könnte diese Härtung natürlich auch in der Produktion schon machen. Das wäre eine zusätzliche Wärmebehandlung, die Kosten verursacht. Und je nachdem, wie heiß das Werkzeug wird, passt es sich automatisch an die Anforderungen an.

STANDARD: Wie lange hält eine Schicht bei derartigen Temperaturen?

Mitterer: Oft nur wenige Minuten, wenn es um die Zerspanung von extrem harten Werkstoffen wie beispielsweise Turbinenschaufeln geht. Wir haben aber auch Schichten entwickelt, die selbsttätig schmieren und damit die Temperatur senken. Damit ersetzen wir Schmiermitteln, die teuer, ökologisch bedenklich und möglicherweise sogar Krebs erregend sind.

STANDARD: Kann man das auch bei Motoren einsetzen?

Mitterer: Motoren werden nicht so heiß. Das geht höchstens bis 200 Grad. Hier verwenden wir dasselbe Prinzip, aber andere Materialien. Wir entwickeln gemeinsam mit Peugeot, Citroën und Fiat eine selbstschmierende Beschichtung für Kolbenringe. Davon versprechen wir uns eine Reduktion des Ölverbrauchs und des Feinstaubausstoßes bei Dieselmotoren.

STANDARD: Wie läuft die Kooperation mit der Industrie? Mitterer: Unsere Branche boomt. Wir erhalten derzeit wesentlich mehr Anfragen, als wir erfüllen können. Aber nächstes Jahr eröffnen wir das Nano-Surface-Engineering Center, das vom Land Steiermark und der Stadt Leoben intensiv unterstützt wird. Damit sind wir dann auf unserem Gebiet eines der größten Forschungszentren der Welt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15. 6. 2006)