Wien - Die Generalsekretärin des Nationalfonds für NS-Opfer, Hannah Lessing, macht sich die wegen der Ausländerfeindlichkeit Sorgen. Dass der Spitzenkandidat der kleineren Regierungspartei 300.000 Ausländer heimschicken will erinnert Lessing "fatal an früher". "Im Rahmen dieser Diskussion wurde auch das Wort Deportation verwendet. Das macht Angst", erklärte sie in einem Interview mit der Tageszeitung "Kurier".

Betreffend die Restitutionszahlungen an NS-Opfer lobte Lessing die derzeitige Koalitionsregierung und meinte, "dass sie die Entschädigungen betreffend konsequent gearbeitet hat. Mit Maria Schaumayer für den Versöhnungsfonds und dem leider viel zu früh verstorbenen Botschafter (Ernst) Sucharipa waren die richtigen Leute am richtigen Ort." Die Wiedergutmachung sei allerdings sehr spät, in vielen Fällen zu spät erfolgt "weil die meisten tot sind".

"Etwa die Hälfte der Fälle entschieden"

Auf die Frage, wann die Auszahlungen abgeschlossen sein werden sagte Lessing: "Wir haben etwa die Hälfte der Fälle entschieden. Bis Ende 2007 werden wir mit dem Entschädigungsfonds weit gehend fertig sein. Bei einigen Erbfällen kann es noch länger dauern. 2008 wird die Schiedsinstanz abgeschlossen haben."

Zum Schicksal der jüdischen Gemeinde in Wien, die nur noch 10.000 Mitglieder hat, sagte Lessing, es sei ein Problem, einen jüdischen Partner zu finden. "Viele heiraten weg, nach Amerika oder Israel. In Deutschland wurde jüdische Zuwanderung ermöglicht. In Österreich würde das eine sehr angeheizte Debatte bringen, wenn man sagt, wir bringen bewusst jüdische Zuwanderer ins Land."

Ob die Österreicher aus der Vergangenheit gelernt haben? "So eine Vergangenheit kann man nicht bewältigen", meinte Lessing. "Mit so einer Vergangenheit kann man lernen, ehrlich zu leben. Leider sehe ich in der Welt, dass wenige aus der Geschichte lernen. Wir müssen es weiter versuchen." (APA)