Wien - In Wien kommt es im Durchschnitt täglich zu 25 Polizeieinsätzen auf Grund von familiärer Gewalt. 90 Prozent aller Gewalttaten werden ebenfalls nach Schätzungen der Polizei innerhalb von Familien und im Nahbereich der Betroffenen ausgeübt. Allein in der Bundeshauptstadt kommt es mindestens einmal im Monat zu einem Mordversuch oder Mord in einer Familie, wobei die Opfer in der Regel Frauen und Kinder sind, wie bei einem Pressegespräch von Gesundheitsstadtrat Sepp Rieder (S) im Rahmen der SP-Fraueninitiative "Stopp! Keine Gewalt" Donnerstag Abend mitgeteilt wurde. Unter Hinweis auf diese traurigen Fakten unterstrichen Rieder, die SP-Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien, Beate Wimmer-Puchinger und die Wiener SP-Frauensekretärin Martina Ludwig, wie notwendig das rasche Erkennen und Eingreifen in den Prozess der Gewaltspirale ist. Dem medizinischen System komme bei Prävention und Früherkennung von Gewalt an Frauen und Kindern eine Schlüsselrolle zu. Denn in vielen Fällen bestehe erst im Zuge einer medizinischen Behandlung die Chance, Frauen und Kinder als Opfer von Gewalt zu erkennen. Spezielles Ausbildungsprogramm zur Erkennung von Gewalt Nach einer Studie des Ludwig Boltzmann Instituts für Frauengesundheitsforschung wünschen 90 Prozent der befragten ÄrztInnen eine Ausbildung in diesem Bereich. Noch heuer wird deshalb nach Angaben Rieders MitarbeiterInnen von Unfallabteilungen, Kinderabteilungen, kinderchirurgischen Abteilungen und Gynäkologien ein spezielles Ausbildungsprogramm zur Erkennung von Gewalt an Frauen und Kindern angeboten werden. Dieses Angebot richte sich an Abteilungen der Wiener städtischen Schwerpunktspitäler so wie an die Semmelweis-Klinik als Gynäkologie-Zentrum und das Preyer'sche Kinderspital. Traumazentrum zwecks therapeutischer Behandlung Als ein diesbezüglich weiteres wesentliches Vorhaben nannte Rieder die Einrichtung eines Traumazentrums zwecks therapeutischer Behandlung von Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung oder Gewalttat wurden. "Denn gegen die traumatischen Spätfolgen, unter denen solche Frauen leiden, muss etwas getan werden", so Rieder. Die Inbetriebnahme solle im kommenden Jahr erfolgen. Ebenfalls vom Ludwig Boltzmann Institut für Frauengesundheitsforschung stammt eine Studie über die gynäkologischen und sexuellen Kurz- und Langzeitfolgen von sexuellem Missbrauch in Kindheit und Jugend. Von 1.378 befragten Frauen berichteten 187 (13,6 Prozent) von sexuellen Missbrauchserlebnissen (körperlich oder nicht körperlich), 53 dieser 187 Frauen erklärten, schon einmal Opfer von vollzogenem oder versuchtem Geschlechtsverkehr geworden zu sein. Spätfolgen Neben den vielschichtigen psychischen Spätfolgen untersuchte die Studie auch die körperlichen Spätfolgen von sexuell missbrauchten Frauen. Besonders häufig wurden folgende Beschwerden genannt: Zyklusabweichungen: 65,2 Prozent der missbrauchten Frauen klagten über solche, hingegen nur 57,3 Prozent der nicht missbrauchten Frauen. Menstruelle Schmerzen: 59,9 Prozent der missbrauchten, 52,1 Prozent der nicht missbrauchten Frauen. Migräneanfälle: 38 Prozent zu 29,9 Prozent. Nach sexuellem Missbrauch ebenfalls deutlich häufiger treten Eierstock- und Gebärmutterentzündungen, Harnwegsinfekte und Blasenkatarrhe auf, so die Studie. (APA)