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Foto: AP/Neubauer
"Ich muss in fünf Minuten im Volkstheater sein, was ist denn da los?" Die Passanten, für die es Dienstagfrüh um halb neun Uhr an der Polizeisperre am Heldenplatz nicht mehr weiterging, blieben ruhig, waren aber doch sichtlich genervt. Der Polizeibeamte an den rot-weißen Absperrbändern erklärte betont ruhig und betont nicht genervt, dass ein verdächtiger Koffer gefunden worden sei, und deshalb gesperrt werden musste.

Sprengung

In 200 Metern Entfernung bereiteten die Sprengstoffexperten des Innenministeriums die gezielte Sprengung des Gepäckstücks vor, das am Burgring deponiert und vom Bergeroboter auf den Heldenplatz gebracht worden war.

"Vortäuschung" als Delikt

Nicht der einzige Einsatz für den Entschärfungsdienst an diesem Dienstag: An insgesamt vier Stellen der Bundeshauptstadt wurden verdächtige Koffer entdeckt (siehe Grafik), zwei von ihnen kontrolliert in die Luft gejagt. Gefahr für die Entdecker, Polizisten und Kräfte der Straßenreinigung, bestand glücklicherweise keine – im Reisegepäck befanden sich nur Bombenattrappen. Und Zettel mit Botschaften wie „Gastgeschenk“ und „Viel Mist – viel Feind“. Als „Kavaliersdelikt“ will man die Bombenattrappen, deren Bergung für umfangreiche Sperren und Verkehrsbehinderungen in der Innenstadt sorgte, bei der Exekutive nicht gelten lassen. Auch wenn ich aufgrund eines gefundenen Schreibens nicht von einem terroristischen Hintergrund ausgehe, wie Rudolf Gollia, Pressesprecher des Innenministeriums, meint, wird gegen die Täter ermittelt. „Wegen Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung“, ein Delikt für das bis zu sechs Monate im Gefängnis drohen.

Während die Wiener Polizei mit ihren Maßnahmen vorerst zufrieden war – nur ein gutes Dutzend Autos musste von der Präsidentenroute entfernt werden – war Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SP) wenig begeistert vom Aufwand rund um den Staatsbesuch. „Reichlich stark und übertrieben“ findet Häupl die Sicherheitsmaßnahmen für den US-Präsidenten. „Wien ist so etwas nicht gewohnt und ich halte die Einschränkungen für die Bevölkerung für überzogen,“ sagte der Bürgermeister zum Standard. Um dann ob seiner Machtlosigkeit in dieser Frage zu relativieren: „Es ist, wie es ist. Und wenn etwas passiert, was würden die Leute dann sagen?“ Häupl selbst bemerkte zumindest im Rathaus am Dienstag noch nichts von Blockaden und Sperren.

"Freeze-Situation"

Für den Bush-Besuch gelten auch im österreichischen Luftraum rigide Maßnahmen, die zu Verspätungen im normalen Linienverkehr führen werden. Während der Landung und des Abfluges der Präsidentenmaschine Air Force One dürfen auf den Roll- und Landebahnen des Flughafens Wien-Schwechat keine anderen Maschinen unterwegs sein. Austro-Control-Chef Heinz Sommerbauer spricht von einer „Freeze-Situation“. Anfliegende Linienmaschinen werden in großräumige Warteschleifen geschickt. Für Privat- und Sportflugzeuge besteht während der gesamten Präsidentenvisite im Umkreis von 43 nautischen Meilen Flugverbot. In dieser No-go-Area liegt zum Beispiel Neunkirchen, Mürzzuschlag, der Neusiedler See und St. Pölten.

Keine Korridore

„Im Gegensatz zum EU-Lateinamerikagipfel gibt es diesmal keine erlaubten Luftraum-Korridore für Privatmaschinen. Wer gegen das Flugverbot verstößt, wird unverzüglich vom Bundesheer abgefangen“, warnt Sommerbauer im Gespräch mit dem Standard. Ausnahmen bestünden lediglich für Rettungs- und Ambulanzflüge, diese müssten aber mit Austro Control und dem Bundesheer koordiniert werden. Das Verteidigungsministerium hat zur Luftraumüberwachung zusätzlich mobile Radargeräte postiert, eines davon sogar auf der liebsten Spielwiese der Wiener, der Donauinsel.

Technische Hilfsmittel wird auch benötigen, wer live Präsidentenschauen will. Denn großräumige Sperrzonen und abgesperrte Straßen für den Konvoi lassen keinen Platz für Zaungäste, gesteht man im Innenministerium ein. Am ehesten bietet sich noch der Opernring zwischen neun und zehn Uhr an, wenn man eine schwarze Limousine vorbeirauschen sehen will. (fern, kri, moe, simo, DER STANDARD Printausgabe, 21.06.2006)