London - Selbst ist die Orchidee - in unwirtlichen
Gegenden ohne Wind oder Insekten, die normalerweise die Fortpflanzung
von Blumen sicherstellen: Eine Orchideen-Art in den hochgelegenen
Wäldern von Simao in der chinesischen Provinz Yunnan hat einen
Mechanismus zur Selbstbefruchtung entwickelt. Das entdeckten
chinesische Wissenschafter der Universität Tsinghua, die ihre
Ergebnisse in der neuen Ausgabe der britischen Fachzeitschrift
"Nature" veröffentlichten.
Die Holcoglossum amesianum wächst auf den Bäumen der Simao-Wälder
in 1.200 bis 2.000 Metern Höhe über dem Meeresspiegel. Die
Zwitter-Pflanze schafft es den Forschern zufolge, ihr männliches
Geschlechtsorgan um 360 Grad zu drehen, um Samen in ihrem weiblichen
Organ abzulegen.
Ohne Insekten, aber mit Verrenkungen
Normalerweise funktioniert die Fortpflanzung bei Blütenpflanzen
mit Hilfe von außen: Pollen werden vom Wind, von Insekten, manchmal
von Kolibris oder sogar von Fledermäusen transportiert und auf andere
Pflanzen übertragen. Doch Holcoglossum amesianum hat ihre Blütezeit
während der Trockenperiode, wenn es keinen Wind und fast keine
Insekten gibt. Von Februar bis April beobachteten die Forscher die
Pflanze 60 Tage lang und sahen keinerlei Insekt oder anderes Tier in
der Nähe der Orchideen.
Stattdessen entdeckten sie einen Mechanismus,
den die Pflanze offenbar in Ermangelung anderer
Übertragungsmöglichkeiten entwickelte: Wenn die Blüte voll aufgeblüht
ist, entstehen im Staubbeutel zwei Körner an einem Stiel, der
sich daraufhin nach oben umbiegt, um sie in der Narbe des
Fruchtknotens abzulegen. Wenn das Manöver glückt, kommt es zur
Befruchtung. (APA)