Strategieberater Helmut Meier kritisiert Neiddebatten, weil Erste-Bank-Chef Treichl sein Gehalt nicht gegönnt werde.

Foto: Standard
Auf die Frage im Standard-Interview, ob US-Repräsentanzen eine negative Stimmung hier zu Lande zu spüren bekämen, sagte Helmut Meier: "Ich würde das nicht verknüpfen mit der Bush-Administration. Es gibt einen latenten Antiamerikanismus, auch in Österreich."Meier ist Senior Vice President, Senior Partner und Chef des Wiener Büros des Technologie- und Strategieberatungsunternehmens Booz Allen Hamilton.

Die Amerikanische Handelskammer hat sich deshalb das Ziel gesetzt herauszufinden, "wie attraktiv sind wir eigentlich als Arbeitgeber?". Firmen wie IBM, Oracle, Xerox, Trialox und Booz Allen Hamilton haben Fragebogen ausgearbeitet und via Internet eine Befragung gestartet, die noch bis Juli läuft und wofür der Standard Medienpartner ist. "Der Kampf geht um Talent. Wie kann man Talent gewinnen, wenn man gegen Vorurteile kämpft?", fragt Meier.

Aber "Bush hin, Bush her"sei nicht das Thema. Die Kluft gehe tiefer, konstatiert der gebürtige Deutsche. Die Zusammenarbeit zwischen den USA, Europa und damit auch Österreich funktioniere hervorragend. Es bestehe eine ausgeprägte Vernetzung. "Wir können nicht ohne Amerika und Amerika kann nicht ohne Europa", stellt der Präsident der Amerikanischen Handelskammer fest, in der rund 500 Mitglieder vertreten sind - sowohl amerikanische Unternehmen in Österreich als auch österreichische Unternehmen in den USA.

"Was nicht funktioniert, ist, die Bevölkerung mitzunehmen. Die Wirtschaftsführer Europas und Amerikas haben die gleichen Ziele. Das ist ein Geben und Nehmen. Wichtig wäre aber, die Bevölkerung hinzuweisen, dass man diese Erfolge nur hat, weil man leistungsorientiert arbeitet."

So gebe es "starke Verwerfung in der Kommunikation, dass Leistung böse ist", meint Meier. "Es gibt Neiddebatten in Österreich. Da gibt es einen Herrn Treichl (Anm.: Chef der Erste Bank), der Sensationelles geleistet hat und die Bank neu ausgerichtet hat auf Osteuropa. Dann geht eine Debatte los, weil er 4 Millionen Euro verdient. Dass Michael Schumacher für das Autofahren 30 Millionen Euro bekommt, ist kein Thema oder wie viel jeder Fußballer kriegt, interessiert die Bevölkerung nicht."Hier bestehe eine völlige Schieflage. "In den USA wird das gefeiert, wenn jemand erfolgreich ist. Dadurch, dass hier nicht so viele große Unternehmen sind, ist die Neiddebatte vielleicht noch ausgeprägter als in Deutschland."

Meier verteidigt auch vehement das, was er selbst "Hire-and-Fire-Politik"nennt und hierzulande häufig mit US-Unternehmen assoziiert wird. "Das ist ein Modell, das für Beratungsunternehmen selbstverständlich ist. Wir nennen es nicht Hire und Fire sondern es ist gewollt, dass ein Beratungsunternehmen zwischen zehn und fünfzehn Prozent der Mitarbeiter verliert, die nicht unglücklich darüber sein müssen. Denn das Beratungsgeschäft ist eine Ausbildung. Dieses Hire and Fire hat hier aber einen Negativtouch."Dies müsse nicht sein, "wenn man sagt, man hat das Ziel, ständig zu lernen".

Umstellen müssten sich seiner Ansicht nach auch die Gewerkschaften, die er als "die unbeweglichsten Organisationen"bezeichnet. Sein Rettungsmodell für den ÖGB: "Von der Wiege bis zur Bahre kümmere ich mich um die Menschen und bin nicht nur die Interessenvertretung derjenigen, die in Arbeit sind."Dies hieße sich dem modernen Berufsbild widmen, Dienstleistungen wie Ausbildungsplätze anbieten und selbst Versicherungen ohne Umverteilungssystem anbieten.

Aber bei aller Kritik lebt der Opernfan gerne in Österreich. Es gebe auch keine Abwanderung von Firmen. "Lebensqualität ist für viele Manager entscheidend. Unterschätzen Sie nicht die Attraktivität von Kunst und Kultur in Wien." (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.6.2006)