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Die WTO-Gespräche gelten deswegen als so schwierig, weil die drei Blöcke EU, USA und Schwellenländer zum Teil völlig andere Ziele verfolgen.

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Wenn Donnerstag und Freitag nächster Woche in Genf die Verhandler von EU, USA, Indien, Brasilien und mehr als 120 weiteren Mitgliedern der Welthandelsorganisation WTO zu den Verhandlungen um die so genannte Doha-Runde zusammenkommen, sei das die letzte Möglichkeit zu einer Einigung über weitere Liberalisierungsschritte im Welthandel, sagten Experten in Brüssel am Freitag. Man sehe hier eine "Deadline", hinter der es keine weiteren Gespräche mehr gäbe. Allenfalls könnten noch beim Treffen der wichtigsten Industriestaaten (G-8) Mitte Juli noch Adjustierungen vorgenommen werden, Ende Juli sei aber sicher Schluss.

In den Verhandlungen geht es um drei Hauptpunkte: Die Senkung der staatlichen Subventionen von Agrarprodukten in den USA, die Senkung von Agrarzöllen der EU und die Öffnung der Märkte der Entwicklungs- und Schwellenländer für Industrieprodukte. Die Gespräche gelten deswegen als so schwierig, da die drei Blöcke EU, USA und Schwellenländer wie Indien, Brasilien und andere (G-20) zum Teil völlig andere Ziele und Voraussetzungen mitbringen. Teileinigungen - etwa die EU mit den G-20 - sind nicht möglich.

Allianzen

Dennoch werden bereits vorsichtig Allianzen geschmiedet. So ließ die EU am Freitag durchklingen, dass das bisherige Angebot, die Agrarzölle um 39 Prozent zu kürzen, bis nahe an die von den G-20 geforderten 54 Prozent nachgebessert werden könnte: 50 Prozent wäre eine gute Zahl, hieß es in Brüssel.

Von den USA erwartet sich EU-Handelskommissar Peter Mandelson allerdings essentielles Entgegenkommen: Ohne ein spürbar besseres Angebot der Vereinigten Staaten werde sich die EU nicht mehr "in Richtung US-Forderungen" bewegen, sagte er. Falls aber die USA einen Schritt machen würden, könnte auch die EU noch nachbessern, so der Brite.

Erfreut über Bush-Aussagen

Das Entgegenkommen der EU bei den für die G-20 so wichtigen Agrarzöllen widerspricht Aussagen des derzeitigen Vorsitzenden des Landwirtschaftsministerrates, Josef Pröll. Dieser hatte Ende Mai in Krems gesagt, er wisse von keinen neuen Zielvorstellungen oder Angeboten Mandelsons. In dieser Phase seien neue Angebote auch völlig falsch. "Europa ist interessiert an einer Einigung über die Doha-Runde in Genf", betonte Pröll. Es werde aber "sicher keine Zustimmung für weitere Konzessionen der EU in der Landwirtschaft geben".

Begrüßt werden in Brüssel die jüngsten Aussagen von US-Präsident George W. Bush zu den Verhandlungen. "Wir dürfen diese Runde nicht scheitern lassen", mahnte Bush. Dies würde vor allem die Armen in den Entwicklungsländern treffen. (Michael Moravec aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25.6.2006)