Die gute Nachricht zuerst: David Bowie ist mit von der Partie! Die noch bessere: Es schadet nicht, weil man ihn kaum hört. Nun war zwar nicht gerade ein neues Dancing In The Street zu befürchten, als bekannt wurde, dass der in New York lebende britische Superstar mit den zum Quintett gewachsenen Ausnahmemusikern von TV On The Radio einen Song aufnehmen würde. Aber ein Verdacht entstand natürlich: TV On The Radio könnten - zu Hause in Amerika immerhin jetzt auf einem Major-Label - auf den großen Markt schielen, ihren so originären, aber für den Mainstream bisher viel zu düsteren Sound zugunsten der Zukunftsabsicherung ihrer Nachkommenschaft und der Massenkompatibilität aufgeben - und damit auch ihre Identität und Intensität. Aber Entwarnung.
Das von Bowie gesanglich nett, aber unauffällig unterstützte Province ist beste TV-On-The-Radio-Hausmarke. Aber bereits der erste Song auf dem nach Desperate Youth, Blood Thirsty Babes (2004) zweiten Longplayer dieser aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn stammenden Künstler verdeutlicht, dass man eher geneigt ist, noch etwas unerbittlicher als bisher zu sein: In I Was A Lover, einer Art Industrial-Trauermarsch, thematisiert die Band das Leben in Zeiten des Krieges - auch wenn dessen Auswirkungen sich im Big Apple anders anfühlen als auf den Straßen Bagdads. Trotzdem: Verunsicherung, Wut und Ohnmacht angesichts der Auswirkungen des "war against terror" auf den Alltag werden mittels klaustrophobischer Soundsamples von Bläsern, elektronischen Lärms und eines sich zäh schleppenden Rhythmus verdeutlicht, wozu Kyp Malone und Tunde Adebimpe ihre prägnanten Stimmen erheben.
Ihr Gesang verwendet gezielt Charakteristika von emotionsschweren Spirituals, und die Poesie, deren sie sich bedienen, steht in der Tradition des großen sozialkritischen US-Soul-Stars Curtis Mayfield. Siehe etwa There's No Place like America Today von 1976. Auch die Rap-Pioniere Last Poets stehen hier Pate. Man übersetzt also Alltagsbeobachtungen in Statements zur Zeit und unterfüttert sie mit dem bandeigenen Sound. Im Vergleich zum noch etwas unausgegorenen Vorgänger handhabt man diesen souveräner, was sich in der vielfältigeren Anmutung des Albums niederschlägt, das in einjähriger Arbeit im bandeigenen Studio entstanden ist.
Diese intensive Beschäftigung ist dem Werk anzumerken, ohne dass es verkrampft klingen würde. Aber: Detailarbeit macht sich eben bezahlt und veredelt die versteckten "Hits" des Albums. Etwa das vom Rhythmus her an Ice Age von Joy Divison erinnernde Wolf Like Me. Oder Blues From Down Here, ein ziemlich eingängiges Stück, das ein wenig an - wenn er schon partizipiert - David Bowies Berliner Alben erinnert, Low insbesondere. Gibt schlechtere Referenzen, oder? Auch das mit einem blechernen Beat - File under: Einstürzende Neubauten! - vorangeschobene Let The Devil In muss hier hervorgehoben werden.