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Anton Karas, Komponist des "Harry-Lime"-Themas aus dem Filmklassiker "Der dritte Mann" auf einem Archivbild von 1951.

Foto: APA/WERNER CHUDIK
Wien - Wäre er nicht 1948 vom britischen Filmemacher Carol Reed entdeckt geworden, hätte er wohl sein ganzes Leben als anonymer Zitherspieler in Wiener Heurigen verbracht. Statt dessen erlangte Anton Karas, der am 7. Juli seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, Weltruhm – mit einer einzigen, aber dafür umso eingängigeren Melodie.

Das "Harry-Lime-Thema", das Karas für Reeds legendären Nachkriegskrimi The Third Man (Der dritte Mann) komponierte und selbst auf der Zither einspielte, wurde über 40 Millionen Mal verkauft und ist neben Falcos "Amadeus" der einzige heimische Song, der jemals die Spitze der US-Hitparade erklomm. Der Erfolg sowohl des Films als auch der Titelmelodie machten den bis dahin völlig unbekannten Wiener zum Aushängeschild der "Musikstadt Wien" und brachte ihm Auftritte vor dem Papst genauso wie vor dem japanischen Kaiser.

Musikalisches Elternhaus

Karas, der sich nie als Komponist, sondern als Interpret sah, entstammte einem musikalischen Elternhaus. 1906 als Sohn eines Fabriksarbeiters im ärmlichen "Glasscherbenviertel" in der Brigittenau geboren, entdeckte der kleine Toni im Alter von zwölf Jahren die Zither am Dachboden seiner Großmutter. Nach einer Lehre als Werkzeugschlosser besuchte er vier Jahre lang die Musikakademie und wandte sich dann ganz seiner Laufbahn als Heurigenmusiker zu. Selbst bei seinem Einsatz in der Wehrmacht hatte Karas, der sich stets als unpolitisch verstand, sein Instrument immer bei sich.

"Die Schrammeln, die Vorstadt und die Heurigenkultur waren seine Welt", erzählt der Stadtforscher und Historiker Peter Payer, der mit einer Ausstellung in der Gebietsbetreuung Brigittenau ab dem 13. September bisher weniger beachtete Aspekte, wie Karas’ Herkunft und Rolle für die populäre Musik des Nachkriegswien beleuchtet. Zu seinem Glück musste Karas, den Reed in einem Sieveringer Heurigen spielen hörte, jedoch förmlich gezwungen werden. Payer zufolge gestalteten sich die Aufnahmen in London als äußerst schwierig – schließlich konnte das spätere One-Hit-Wonder kaum Noten lesen.

"Dritte Mann Museum"

Die dafür verwendete Zither ist seit kurzem im "Dritte Mann Museum", das die weltweit größte Sammlung von Karas-Memorabilia beherbergt, zu sehen. Viele Jahre hatte sie im Gartenhaus des ehemaligen Nobelheurigen, den Karas 1954 bis 1966 betrieb und wohin er bis zu seinem Tod 1985 zum Üben kam, überdauert, bis sie gemeinsam mit einer Fotosammlung an das Museum übergeben wurden. "Anhand von Studiofotos und Brandspuren der Zigaretten, die Karas immer am Instrument ablegte, konnten Spezialisten eindeutig bestätigen, dass es sich bei der Zither um das Original handelt", schildert Karin Höfler, die mit Gerhard Strassgschwandtner unzählige Schallplatten, darunter 390 Cover-Versionen, Plakate und andere Dokumente und Kleinodien zusammengetragen hat.

Noch bis zum 29. Juli erinnert die Sonderausstellung "Karas gekonnt geklont" der Künstlergruppe "Die halbe Wahrheit" auf ironisch-skurrile Weise an den Nationalhelden und Zithervirtuosen. Daneben werden Stadtrundfahrten und "Karasmania"-Diners inklusive Filmvorführung angeboten. An Anton Karas’ Geburtshaus in der Leystraße 46 wird heute, Dienstag, eine Gedenktafel enthüllt, am Freitag folgt ein Zither-Konzert im Amtshaus Brigittenau. (Karin Krichmayr, DER STANDARD-Printausgabe, 04.07.2006)