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"Es war aber während der österreichischen Präsidentschaft offenbar kein wirkliches Thema, die Frauenpolitik ins Zentrum zu rücken", sagte Prammer.
Foto: AP/MICHAEL PROBST
Wien - "Sieht man sich die EU-Ratspräsidentschaft aus Frauensicht an, fällt das Resümee nicht positiv aus", sagte SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Barbara Prammer am Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Frauen- und Gleichbehandlungssprecherin Gabriele Heinisch-Hosek.

Gleichstellungspaket fehlt

Die beiden SPÖ-Politikerinnen vermissen vor allem konkrete Initiativen im Gleichstellungsbereich. "Was am meisten fehlt, ist ein Gleichstellungspaket, das hätte ein Hauptschwerpunkt bei den Schlussfolgerungen zur Ratspräsidentschaft sein können", vermisst Prammer deutliche europäische Strategien und brachte ihre Hoffung zum Ausdruck, dass die finnische Ratspräsidentschaft hier einiges aufholen wird.

FGM kein Asylgrund

Prammer erinnerte, dass Österreich zum zweiten Mal die Ratspräsidentschaft inne hatte, allerdings sei beim ersten Mal der Focus weit stärker auf die Gleichstellung der Frauen gelegt worden. So habe bereits drei Tage nach Beginn der EU-Präsidentschaft ein Gleichstellungs- und Sozialministerrat stattgefunden und es habe eine intensive Debatte um die Implementierung einer Frauen-Säule in den Nationalen Aktionsplänen gegeben. Prammer bedauerte, dass Schüssel zwar einen Brief von sechs EU-Regierungschefs erhalten habe, in dem er aufgefordert wurde, einen Pakt für Gleichstellung zu initiieren und voranzutreiben. "Es war aber während der österreichischen Präsidentschaft offenbar kein wirkliches Thema, die Frauenpolitik ins Zentrum zu rücken", so Prammer. Lediglich die Initiativen Rauch-Kallats gegen Genitalverstümmelung sei für Prammer "grundsätzlich positiv" zu bewerten. Aber selbst hier fehlt die Verankerung als Asylgrund.

Status quo-Erfassung

Auch Heinisch-Hosek kritisierte mangelnde Maßnahmen und Initiativen im Frauenbereich. So sei das Vorhaben der Schaffung eines Europäischen Gleichstellungsinstituts bereits vor der österreichischen Präsidentschaft geplant worden. Bei den Themen Gesundheit, traditionsbedingte Gewalt gegen Frauen und geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede beschrieb Heinisch-Hosek das Engagement Rauch-Kallats mit den Worten: "Die Frauenministerin ist am Bahnhof stehen geblieben und der Zug ist davon gefahren." Es wurden lediglich Ist-Zustände erfasst. Wie in allen anderen politischen Bereichen auch sei es der österreichischen EU-Präsidentschaft nicht gelungen, Akzente zu setzen und einen gemeinsamen Weg zu entwerfen. Eine ExpertInnenkonferenz zu den Einkommensunterschieden ist erst gegen Ende der Präsidentschaft abgehalten worden.

Frauenberichte ausständig

Heinisch-Hosek monierte, dass nicht einmal der österreichische Frauengesundheitsbericht in Langfassung vorhanden sei. Auch fehle ein österreichischer Frauenbericht - beim Frauenkongress wurde zwar ein "Frauenbericht 2003-2006" vorgestellt, tatsächlich ist dies aber lediglich die Sammlung von sechs alten Berichten, die bis ins Jahr 2002 zurückgehen.

Bei der Arzneimittelforschung vermisst Heinisch-Hosek den von Rauch-Kallat angekündigten verpflichteten Geschlechteraspekt. Und die zweckmäßige Förderung von Frauen in medizinischen Führungspositionen fehle - so gibt es in ganz Österreich keine Primarärztin für Gynäkologie. Weiters fordert Heinisch-Hosek die verbindliche Implementierung genderspezifischer Lehre und Forschung an den Universitäten und eine Info-Kampagne zu FGM und dem Delikt der Zwangsehe. (red)