Zwei Wochen arbeiten, zwei Wochen Heimaturlaub. Das Leben auf der schwimmenden Ölplattform Schiehallion ist nichts für Leute, die leicht seekrank werden.

Foto: Strobl
Am Boden der Nordsee liegen die größten Öl- und Gasreserven Europas. Diese zu heben wird aber von Jahr zu Jahr schwerer. Ölkonzerne sind gezwungen, immer mehr zu investieren, um immer weniger von dem schwarzen Gold herauszubekommen.

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John freut sich. Eine Woche noch muss er durchhalten, dann kann er wieder den Fuß auf festen Boden setzen. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Andernfalls kann es auch eine Woche länger dauern, bis der Hubschrauber auf der FPSO Schiehallion landet und ihn zurückbringt ins schottische Aberdeen.

FPSO steht für Floating Production, Storage and Offloading - eine schwimmende Produktions-, Lager und Verladeeinrichtung. Dieses Schiff mit integriertem Förderturm ist mit Ankerketten so vertäut, dass es sich dem Spiel der Wellen folgend um die eigene Achse drehen kann. Das Schiehallion-Ölfeld, das für John seit Beginn der Förderung 1998 zum Lebensmittelpunkt geworden ist, befindet sich gut 300 km nördlich der schottischen Küste auf der Höhe der Shetland Inseln (siehe Karte).

Schiehallion ist eines der größten Ölfelder, das im vergangenen Jahrzehnt in der Nordsee gefunden worden ist. Die OMV ist daran mit 5,8 Prozent beteiligt, Betriebsführer auf Schiehallion ist BP.

Jedes Jahr mehr Geld

Zusammen hat das Konsortium in den vergangenen zehn Jahren rund zwei Mrd. Pfund (knapp drei Mrd. Euro) in das Ölfeld gesteckt. Heuer sollen wieder 250 Mio. Pfund investiert werden. "Es wird fast jedes Jahr mehr, was wir reinstecken müssen", sagt Steve Sansom, der die Interessen der OMV bei Schiehallion vertritt.

In der Nordsee liegen die größten Öl- und Gasreserven Europas vergraben. Etwa die Hälfte des Nordseeöls ist bereits gefördert, seit 1999 geht es mit der Produktion kpntinuierlich bergab. Bei BP beziffert man den Rückgang mit jährlich etwa fünf Prozent.

Zwölf-Stunden-Schicht

Wie lange es noch Öl- und Gas in der Nordsee geben wird, traut sich niemand zu sagen. Sicher ist nur: Das verbleibende Öl in der Nordsee liegt in kleinen Feldern oder ist dickflüssiger und somit viel schwerer förderbar. Sicher ist aber auch: im britischen Sektor der Nordsee werden aus mehr als 250 Feldern etwa 1,7 Mio. Fass (159 Liter) pro Tag herausgeholt, doch allein Großbritannien verbraucht heute täglich 1,9 Mio. Fass.

Dort wo John und seine 110 Kollegen Öl fördern, ist das Meer 400 Meter tief. Die Ölblase selbst liegt noch einmal 3000 Meter tiefer.

Jeden dritten Tag kommt ein Tanker vorbei, lässt sich mit Öl volllaufen und bringt die Ladung zu einem großen Terminal bei den Shetlands. 600.000 Fass Rohöl haben im Bau des Tankers Platz, zwölf Stunden dauert der Ladevorgang. "Für uns ist das immer eine kleine Abwechslung,"sagt Harold. Seine Frau und die drei Kinder seien zuhause in Wales. Was ihn hier halte sei nicht so sehr der Verdienst, sondern die Aussicht, nach 14 Tagen Arbeit 14 Tage Urlaub machen zu können. Die einzige Abwechslung an Bord des 246 Meter langen und 45 Meter breiten Bootes sei der Gymnastikraum und das Essen an Bord. Alkohol ist strikt verboten.

Bis zu 100.000 Pfund im Jahr

Für das Catering ist eine Fremdfirma zuständig, ebenso für Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten. Ein Durchschnittsarbeiter verdient auf der Plattform zwischen 35.000 und 50.000 Pfund, eine Top-Kraft kann es auf brutto 100.000 Pfund im Jahr bringen.

Gelegenheit zum Geldausgeben gibt es auf dem Förderschiff so gut wie keine. Dafür umso mehr in Aberdeen, der Ölhauptstadt an der Nordsee. Von den 230.000 Einwohnern sind etwa 30.000 im Ölbusiness tätig. (Günther Strobl aus Aberdeen, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.7.2006)