In der Sala Terrana bauen sich Roland Goeschls "Belvedere Passagen"wie eine Erinnerung an die Elementarteilchen von Architektur auf.

Foto: Angerer

Wien - Wem ist zu verdenken, dass der Anblick von roten, gelben und blauen Quadern den Spieltrieb weckt? Dass Assoziationen zu den bunten Plastiksteinchen zum Zusammenstecken aufkommen?

Ob Roland Goeschl, dem im Belvedere aktuell eine groß angelegte Personale gewidmet ist, so verspielt ist, wie etwa jene zu einer scheinbar wackeligen Säule aufgetürmten Kuben vermuten lassen, ist eine andere Frage. Die Kontinuität, Konsequenz und Exaktheit, die Goeschl seit mehr als vierzig Jahren im Umgang mit den bunten Formen an den Tag legt, hat mehr mit Ernsthaftigkeit zu tun. Und mit System.

Und so bleibt es Goeschl wie allen Künstlern, die ewig eingängige Markenzeichen variieren, nicht erspart, dass dahinter auch ein wenig Schläue vermutet wird. Derartige Wiedererkennungswerte sind in der Werbung gern gesehen. So wundert auch der riesige Erfolg nicht, den die schrägen Humanic-TV-Spots der Siebziger, etwa jener mit den explodierenden Quadern, hatten. Goeschl gab der Firmenzentrale und dem Logo seine Formen und Farben. Nur: Was die Werbung tausendfach reproduziert hat, wirkt fataler Weise irgendwann fahl und ausgeschlachtet.

Passage statt Sackgasse

In den letzten Jahren ist es merklich still geworden um den einstigen Wotruba-Schüler, der kommendes Jahr seinen 75. Geburtstag begehen wird. Das Belvedere greift voraus und widmet dem Künstler Rückblicke (1957-2005) mit rund 130 Werken - Bilder, Fotos, Modelle, Skulpturen. Eine Rückschau, das verdeutlicht schon allein die Rauminstallation "Belvedere Passagen", die sich wie eine Erinnerung an die Elementarteilchen von Architektur in der barocken Sala Terrana aufbaut. Ein Rückgriff auf eine alte Arbeit "Sackgasse"von 1967.

Logisch erscheint die Strukturierung nach Materialien und den eng daran geknüpften Themenbereichen. Ob man dem chronologisch rückwärts oder aber von Mitte der 50er her folgt, macht keinen Unterschied.

Auf alle Fälle zeigt sich etwas, was man so vielleicht nicht erwartet hätte. Die noch stark von Wotruba beeinflussten, am menschlichen Körper orientierten Skulpturen lösen sich immer mehr in kubische und bereits bemalte Holzfiguren auf, der Schritt zu den reduzierten Quadern wirkt nur noch wie eine Korrektur und nicht etwa wie ein Bruch.

Einen Bruch stellte seine künstlerische Weiterentwicklung vielmehr in der Beziehung zu Wotruba dar. Die zunehmende Bewegung, flächige und polychrome Bemalung seines Schülers lehnte der ab.

Goeschl gefiel der russische Konstruktivismus, de-Stijl, die Farbigkeit der Pop-Art. Seine Raumfüller, seine Akzente an Gebäuden sind daher zunächst eine Rückführung auf das Elementare, Variationen mit Grundbausteinen und keine Kostümierung von architektonischen Bauteile. - Trotzdem: Steht man vor der Stellage und betrachtet die bunten witzigen Modelle, einige davon aus Zündholzschachteln gebastelt, dann ist er wieder da - der Spieltrieb. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.7.2006)