Wien - Dann und wann spürt man im Programm des Jazzfest Wien ja doch, dass dieses mehr sein will als ein amorphes Sammelsurium möglichst großer Namen. Im Kunstforum der BA-CA geben sich seit Montag einige der international viel versprechendsten Tastenjünglinge ein Stelldichein, wobei nicht wenige erstmals in unsere Breiten zu hören sind.

Das Österreich-Debüt von Robert Glasper eröffnete Montag dieses spannende Defilee potenzieller Piano-Stars von morgen. Der 26-jährige Texaner aus Houston, auch in HipHop-Kreisen umtriebig, legte kürzlich mit Canvassein erstes Album für das New Yorker Traditionslabel Blue Note vor - in dessen Rahmen er sich als sensibler Denker in der Nachfolge eines Bill Evans oder Brad Mehldau positioniert.

Nuancierte Zwischentöne schlug Glasper mit seinem Trio denn auch im - akustisch leider nicht idealen - Kunstforum an. Sam Rivers'Beatricehörte man da in einer subtil dekonstruierten Version zerfließen. Während die Themenakkorde von Dave Brubecks In Your Own Sweet Way- eingeleitet durch unorthodoxe, abstrakte Texturen, in denen Glasper gekonnt mit den Parametern Dichte und Energie spielte - hörenswerte harmonische Umfärbungen erfuhren, freilich ohne dass der Pianist, in der Materialverarbeitung ansonsten mit variativer Oberflächenbehübschung beschäftigt, Ambition zu tiefer schürfender Aussage zeigte.

Schlagzeuger Damion Reid ließ momentweise umso mehr die Ohren spitzen, als er mit den Jazzbesen höchst filigrane, dabei energiereiche Akzente setzte und - gemeinsam mit Bassmann Vicente Archer - auch Glaspers Eigenkompositionen vom Schlage des kammermusikalisch-lyrischen Enoch's Meditation eine sensible und doch antriebsstarke Basis bot: Niveauvolle Nettigkeiten, in denen Glasper den Anschein erweckte, dass er nicht immer sein Potenzial voll nützt - oder aber noch viel Arbeit vor ihm liegt.

Unerwartete muntere Töne vernahm man dafür im ersten Set des Wiener Albert Reifert Trios. Der Pianist erklärte gemeinsam mit Wolfgang Wallisch (Bass) und Alfred Bäck (Drums) Stücke von Michel Petrucciani bis Monty Alexander mittels harter und doch diffiziler, der elektronischen Musik abgelauschten Beats zu gut durchdachten, akustischen Groove-Territorien, und gab sich erst gegen Ende hin mainstreamig-unverbindlich. (Andreas Felber/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. 7. 6. 2006)