Auch der dritte Teil der Actionserie "The Fast and The Furious" hat einen Bleifuß.

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Wien – Mein Auto, mein Mädchen! Quatsch du nicht meine Freundin an. Und nimm gefälligst ernst, was unter meiner Motorhaube sitzt, sonst schieß ich dir ein Loch in deine Windschutzscheibe. Problem! Problem? Lösung! Einmal mit ordentlich Gas durch Sperrgebiet gebrettert. Und wer als Erster irgendwo ankommt, der hat dann auch das Anrecht auf die Frau erworben.

Wir schreiben das Jahr 2006. Die oft recht alt aussehenden Produkte einer westlichen Popkultur-Großmacht füllen unsere Multiplex-Leinwände. Aktuell geht die vor fünf Jahren mit einem Überraschungskassenerfolg begonnene US-Action-Kinoserie The Fast and The Furious in die dritte Runde. Es geht dabei um Autos, Männer, den Rausch der Geschwindigkeit und den Reiz des Verbotenen – der Stoff, aus dem man einmal B-Movies machte, nur werden diese heutzutage größer präsentiert.

Der aus Taiwan stammende Regisseur Justin Lin hat nach Rob Cohen und John Singleton das Inszenieren übernommen. Vin Diesel, Star des ersten Teils, macht seine Aufwartung. Aber die Hauptrolle spielt der bald 24-jährige Lucas Black, der als Zwölfjähriger an der Seite von Kevin Costner in The War debütierte, und hier ein adrenalinabhängiges Highschool-Kid mit Bleifuß geben muss – ein Schauspielerschicksal. Raser, strafversetzt

Wir schreiben das Jahr 2006 und haben es – siehe oben – mit einer einigermaßen rückständigen (Jugend-)Kultur zu tun, in der ein männlicher Ehrenkodex von anno dazumal regiert. Bald werden wir allerdings daran erinnert, dass dieses Gehabe auch heute noch auf internationaler Ebene anschlussfähig ist: Nachdem der erste Wagen zu Schrott und etliche Rohbauten platt gefahren wurden, nehmen Gesetzeshüter die wundersamerweise nur leicht verletzten Autoinsassen in Empfang. Der jugendliche Underdog wird pronto zu seinem in Tokio stationierten Vater strafversetzt. Auch dort gibt es attraktive junge Frauen und alte Besitzansprüche, und für die Lösung von daraus erwachsenden Konflikten stehen die entsprechenden Fahrzeuge bereit.

Nur pflegt Japans Renn-Untergrund einen eigenwilligen Fahrstil, den "Tokyo Drift": Die auf Hochglanz polierten, auffrisierten Karossen schlittern dabei hoch beschleunigt auf glühenden Reifen diagonal über schmale Strecken und durch enge Kurven – eindrucksvoll demonstriert in einem nächtlichen Parkhaus, adäquat für die baulichen Gegebenheiten einer Stadt, auf deren Hochhausdächern Golf- und Fußballplätze ruhen.

Der spätpubertäre Held aus USA muss sich anpassen und umlernen. Dass in Japan links gefahren wird, ist schon einmal kein Problem. Und dass die Aristokratie der illegalen Straßenrennen sich hier im Hinterzimmer eines Clubs voller Models noch eine 1A-Schrauberwerkstatt leistet, erleichtert einiges.

Charakteristisch an diesem an sich unerheblichen – aber sicher nicht ganz publikumsfernen – Film ist seine Vordergründigkeit. Wir rasen mit verbundenen Augen und kommen trotzdem sicher an. The Fast and The Furious: Tokyo Drift variiert ohne jeden Sinn für deren Mehrwert die alte B-Teen-Movie-Geschichte vom jugendlichen Außenseiter aus zerrüttetem Elternhaus, der nicht ganz gesetzeskonforme Leidenschaften kultiviert.

Jede Figur ist das Ergebnis einer industriell gestanzten Schablone, jeder Schritt in der Handlung vorprogrammiert. Paradoxerweise legt dies nahe, dass dieser Art von Erzählung, die wie in besten Zeiten von unreglementierter Bewegungsfreiheit künden möchte, in Wirklichkeit längst jeglicher Spielraum abhanden gekommen ist.

Selbst wo der Furor herkommt, wird hier nur mehr angedeutet. Wichtig scheint alleine, ihm mit höchster Geschwindigkeit davonzufahren – dann schlagen die Karosserien noch einmal Funken, der Gummi qualmt und das Mädchen, das doch nur den Helden liebt, wartet schon im Zieleinlauf. (Isabella Reicher/DER STANDARD, Printausgabe, 18.7.2006)