Wien - Wie es ist, wenn Eigenwerbung danebengeht, erlebt derzeit das österreichische Bundesheer: Zum Kostenpunkt von rund 200.000 Euro wurden durch die Werbeagentur Cayenne in den vergangenen Wochen Inserate geschaltet und Folder an Haushalte verschickt, die junge Menschen in voller Montur, das Gewehr im Anschlag, zeigen. Inhalt: "mission success - check Dir Deine Karriere".

Das Bundesheer wird als Karriereparadies mit sicherem Arbeitsplatz, Fortbildungsmöglichkeiten, "außergewöhnlicher Bezahlung für außergewöhnliche Leistungen"beschrieben. In Wahrheit geht es freilich um etwas anderes: Das Bundesheer braucht Rekruten für seine Auslandseinsätze - und die sollen so gewonnen werden. Auch beim Verschicken der Folder ging etwas daneben: Nicht nur Personen im wehrfähigen Alter, sondern auch Familien mit Kleinkindern erhielten die martialischen Prospekte. Einige beschwerten sich beim Bürgerservice des Verteidigungsministeriums - und auch bei der SPÖ-Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Mitglied im Verteidigungsausschuss.

37 Fragen an Günther Platter

Stadlbauer hat nun eine parlamentarische Anfrage mit 37 Detailfragen an Minister Günther Platter geschickt. Denn nicht nur die Kampagne selbst ist ihrer Meinung nach aufklärungsbedürftig, sondern auch die Art und Weise ihres Zustandekommens. Im Ministerium, sagt Stadlbauer, "sind sie gar nicht glücklich damit, besonders in der Reformkommission herrscht Missfallen".

Denn die Kampagne ist nicht etwa Teil einer größeren Rekrutierungsstrategie des Ministeriums, sondern, so Stadlbauer, "der Alleingang von drei Personen": Der Leiter des Heerespersonalamtes, Thomas Mais, der ehemalige Fasslabend-Sprecher und nunmehrige Gruppenleiter für Kommunikation, Herbert Kullnig, und dessen Stellvertreter Reinhard Raberger sollen die Folder veranlasst haben.

Die Werbeagentur Cayenne wiederum ist keine unbekannte im Ministerium, sie hat bereits viele lukrative Aufträge aus dem Platter-Ressort erhalten, etwa die 400.000 Euro teure "Werbung zum Nationalfeiertag", "Verhandlung mit Partnern und Sponsoren", Mailingaktionen und Konzepte sowie das Großtheater-Spektakel "Leviathan", die das Bundesheer im September dieses Jahres in Mautern über die Bühne bringt.

Das alles sei wohl kein Zufall, mutmaßt Stadlbauer, schließlich sei Lukas Leitner, der Geschäftsführer von Cayenne, ein persönlicher Freund von Kullnig. Die beiden haben sogar gemeinsam eine Jagd im Piestingtal gepachtet.

Laut Stadlbauer habe die häufige Beauftragung von Leitners Agentur ein (intransparentes) System: Die Kampagnenideen würden heeresintern präsentiert, danach erteile Kullnig eine "Ausgabeermächtigung"an das Heerespersonalamt für Gelder unter verschiedensten Begründungen, etwa für "Personalwerbung". Die Gelder kämen dabei aus verschiedenen Abteilungen. Stadlbauer: "Damit wird systematisch der innere Kontrollkreis des Ministeriums umgangen, da die Revisionsabteilung nur innerhalb der Sektionen, nicht aber nachgeordnete Ämter prüft."

Im Ministerium will man zu den Vorwürfen vorerst nichts sagen. "Wir werden die Anfrage fristgerecht beantworten", sagt Platter-Sprecher Martin Brandstätter. Und zu den "privaten Bekanntschaften von Herrn Kullnig"könne er sich "schon gar nicht äußern". (Petra Stuiber/DER STANDARD, Printausgabe, 18. Juli 2006)