Rund 340.000 junge ÖsterreicherInnen dürfen am 1. Oktober zum ersten Mal ihr "Kreuzerl" am Wahlzettel machen

foto: STANDARD/Urban
Um die hochmobile Wählergruppe anzusprechen, müssen sich die Politiker in den Cyberspace und in Discos begeben.

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Wien - Der (Wahl)Kampf um die Erst- und Jungwähler ist eröffnet. Rund 340.000 junge Österreicherinnen und Österreich dürfen laut Statistik Austria am 1. Oktober zum ersten Mal ihr "Kreuzerl"am Wahlzettel machen. Damit dies - aus Sicht der kandidierenden Parteien - auch an der richtigen Stelle passiert, gilt es unter den Frischlingen entsprechende Überzeugungsarbeit zu leisten.

"Gerade die Erst- und Jungwähler sind eine überdurchschnittlich relevante, wahlpolitische Größe", erläutert der Politologe Fritz Plasser im Gespräch mit dem Standard. Speziell bei den Jungwählern zeige sich deutlich, woran gerade die beiden Großparteien seit den 1980er-Jahren laborierten: "Die abnehmende Identifikationsbereitschaft ist da ganz stark. Die unter 30-Jährigen sind eine hochmobile Wählerschicht. Nur mehr 35 Prozent haben da noch eine emotionale Bindung zu einer Partei", sagt Plasser.

Auf Loyalität dürfe eine Partei bei Jung-Wählern daher nicht mehr hoffen, Aufmerksamkeit und punktuelle Interessen müssten geweckt werden. "Wenn Sie heute junge Menschen mit einer einfachen Einladung zu einer Parteiveranstaltung holen wollen, bleiben sie alleine. Event-Marketing ist das Stichwort. Disco und Internet sind Wahlkampfschauplätze", erklärt der Politikwissenschafter.

Kochen mit Knoblauch

Jugendliche müssten mit "Reiz-Signalen"angesprochen werden. Allerdings bestehe dabei die Gefahr, dass "politische Inhalte zu sehr in den Hintergrund rücken". Die Wahlbeteiligung bei jungen Menschen sei, so der Politologe, unterdurchschnittlich. "Einerseits gibt es da die Gruppe von Jugendlichen, die überhaupt kein Interesse an Politik hat, anderseits auch jene, die sich von den Themen nicht angesprochen fühlen. Da bemühen sich die Parteien eindeutig zu wenig", glaubt Plasser.

Die Parteien versuchen einiges, um die Jungen zu ködern. Im roten Lager wurde jüngst die neue Webseite www.unterfreunden.atgestartet. Das Angebot auf der "SPÖ Community Plattform"reicht von politischen Themen über Kino-Tipps, Gratis-SMS und "Alfred"-Lebenslauf bis hin zu Kulinarischem. Unter der Rubrik "Österreich kocht - mit Knoblauch gegen Vampire"bieten die roten Köche zahlreiche Rezepte. Bebildert ist der Kochkurs mit Mitgliedern der schwarz-orangen Bundesregierung in Blutsauger-Pose.

Auch außerhalb der Cyberwelt buhlt die SPÖ um junge Stimmen. Via "Rent a politician" können Interessierte auf der Homepage der Wiener Jungen Roten zum Beispiel Parteichef Alfred Gusenbauer, Bundesgeschäftsführerin Doris Bures oder Europasprecher Caspar Einem für einen Party-Abend buchen.

Duell mit Professor

Die schwarze Jugendhomepage www.zukunft.at spricht laut Eigenaussage 35.000 Mitglieder an. Geboten werden neben Freizeittipps das neue Web-Tagebuch von Generalsekretär Reinhard Lopatka und die Möglichkeit, mit Regierungsspitzen direkt in Online-Kontakt zu treten. Man geht aber schon jetzt verstärkt auf die Straße. Seit rund zwei Wochen tourt der "Zukunftsbus"der Jungen ÖVP durch die Lande.

Auch bei den Grünen setzt man auf die noch "grünen"Wähler: Im August startet online das "Duell Deluxe". Potenzielle Jungwähler können sich dort mit grünen Politikern in aktuellen Fragen matchen. Parallel dazu werde man "auch vor Ort sein und zum Beispiel mit Studenten an den Unis diskutieren", kündigt die grüne Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny im Gespräch mit dem Standard an.

FPÖ und BZÖ eifern ebenso um ein Stück des jungen Stimmenkuchens mit. Die Orangen starten eine eigene Jugend-Tour, verlost werden dabei unter anderem 3000 Eintrittskarten für ein Konzert des deutschen Sängers Xavier Naidoo.

Die FPÖ sieht ihre Chance bei den jungen Wählern vor allem in der Person ihres Spitzenkandidaten selbst. "HC Strache ist der jugendlichste von allen Kandidaten, das kommt an", sagte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky zum Standard. Aber, man habe noch einen jugendspezifischen "Überraschungspfeil im Köcher", der im August präsentiert werden soll. (Markus Rohrhofer/DER STANDARD, Printausgabe, 25.7.2006)