Musikrundschau: Göttliche Komödien und der Wunsch nach Wiedergeburt
Neue Alben von The Divine Comedy und Mojave 3 sowie eine neue Kompilation der Musikarchäologen des Soul-Jazz-Labels
Redaktion
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THE DIVINE COMEDY
Victory For The Comic Muse
(EMI)
Nach den eher ballastreichen Vorgängern gibt sich Neil Hannon, der Mann hinter The Divine Comedy, nun vergleichsweise aufgeräumt und poppig, weil für Victory For The Comic Muse ja lediglich 30 Musiker beschäftigt wurden. Mein Gott, man gönnt sich ja sonst nichts! Der Einstieg To Die A Virgin klingt nach David Bowie in einer seiner begnadeten Phasen, und auch der Rest des Albums überzeugt nicht nur eingefleischte Fans dieses gerne und wohl nicht ganz zu Unrecht als Genie titulierten Musikers. Zutiefst britisch und deshalb ein wenig verschroben-chauvinistisch was die Einflüsse hier betrifft, überzeugt Hannon einmal mehr mit seiner eigenen kleinen Wunderwelt. Dass er mit diesem zugänglichen Album auch außerhalb dieser als der begnadete Songwriter wahrgenommen werden könnte, der er zweifelsfrei ist - wir wünschen es dem kleinen großen Mann ganz aufrichtig. Reinhören - verzaubert sein!
MOJAVE 3
Puzzles Like You
(4AD/Edel)
Nach eher mühsamen Anfängen im Sog von Bands wie Mazzy Star, also trägen, atmosphärereichen Stücken im Schlafwandlertempo, die der Band um Neil Halstead umgehend das Etikett "Shoegazer" eingebracht haben, gibt sich das britische Unternehmen Mojave 3 auf seinem immerhin schon fünften Album plötzlich lebensfroh und spielt, losgelöst von allen Schwerkräften, wunderbare Popmusik im Auftrag der Schönheit von früher. Das heißt: Die flirrenden Arrangements und eine neue Ausgelassenheit vertragen sich auf Puzzles Like You vorzüglich mit Stimmungen, die die obligatorische Betrübtheit von einst noch ein wenig durchschimmern lassen, aber hier eben kein Schlauch werden. Es gibt ein Leben vor den Schuhspitzen! Wer hätte das erwartet?
SOUL GOSPEL VOL. 2
(Soul Jazz/Soul Seduction)
Lieber Gott, blöderweise bin ich ja in Österreich auf die Welt gekommen, und bei uns singt in der Kirche niemand annähernd so schön wie auf den Soul-Gospel-CDs. Im Gegenteil: Anstatt Dich und Deine Taten so lebendig, so fröhlich, ja inbrünstig und funky zu preisen, lamentiert man bei uns nur steif, droht mit dem Teufel und der Hölle und sagt dazu blutleere Sprücherln - Pardon - Gebete auf. Diese Kompilation der britischen Musikarchäologen des Soul-Jazz-Labels beweist mit Künstlern wie den Staple Singers, Mildred Clarke, Martha Bass und vielen anderen mehr jetzt aber schon zum zweiten Mal, dass es in einer Kirche auch ganz anders klingen kann. Lieber Gott, sollte an der Sache mit Wiedergeburt etwas dran sein, dann merk mich in der nächsten Runde bitte für Memphis, Tennessee, vor. Danke. Bis dahin vertröste ich mich - ganz weltlich hedonistisch - mit diesem sehr suprigen Album. Halleluja! (flu / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.7.2006)
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