Foto: RaU

(Fotos: Architekten)

RaU Architekten
Manfred Rudy und Anke Uliczka
Wilhelm-Exner-Gasse 14, 1090 Wien
office@r-a-u.com
www.r-a-u.com

Foto: RaU
Auf einem Eckhaus realisierten die RaU Architekten als Planer und Bauträger zugleich ihr Ideal von zwei Dachmaisonetten. Außen sind sie in eine Kalziphaut gehüllt, innen schenkt das teakholzverkleidete Rund Geborgenheit und eine Panoramagaupe in den Himmel über Wien.

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Am Anfang war die Form: Sacht gebaucht stellten sich die RaU Architekten die ideale Dachmaisonette vor. Statt im obligaten Spitz auf die Traufkante aufzulaufen, sollte sich ein großzügiger Bogen himmelwärts wölben und dem Schlafbereich bergenden Charakter verleihen. Auch darunter versprach man sich besondere Wirkung. Kompromisslos bis ins Detail wollten sie ihre Idee als Planer und Bauträger in zwei Dachmaisonetten mit Terrasse umsetzen und eine davon selbst als Home-Office nutzen.

Der ersehnte Rohdachboden, der dazu genug Fläche und Freiraum bot, lag auf einem gründerzeitlichen Eckhaus in der Wilhelm-Exner-Gasse. Sein Dachstuhl war nicht aufzustocken, er machte einem Tonnengewölbe Platz. Im Nordwesten bietet die Backsteinfassade des WUK ein ruhiges Gegenüber, im Südosten schwenkt der Blick ins urbane Hinterland ab. Das weiche Eck der Hofinnenseite gibt dafür eine umso städtischere Silhouette preis: Über einem Meer von Dächern, Mauerschichten und Schloten ragen Votivkirche und Riesenrad hoch. Rundum mäandern Terrassen.

Tonne mit Charakter

Dezent setzt das Tonnengewölbe an den Traufkanten an und geht mit einer eleganten Volte in die neue Stahlbetondecke über. Außenmauern und Kaminwände des Bestands dienen als Auflager, Speichermasse und inneres Wandscheibenrückgrat des Wohnens, das durch große Durchbrüche in der freitragenden Glasfassade ausfließt. Wie ein Textil legt sich die ockerfarbene Kalziphaut mit ihrer zahngeräderten, maschinellen Struktur über die gewölbte Decke, frech nagt sie an der schräg gestellten Glasfront.

Fast elf Meter reckt sich die Küche der Wohnmaisonette die Terrasse entlang, dahinter liegen zwei Zimmer und ein fulminanter, doppelgeschoßiger Wohnraum. An der Kaminwand klettert die Treppe zur Galerie und zur teakholzverkleideten, schlauchartigen Bade- und Schlafhöhle hoch. Die Kinder lieben es angeblich, die bauchige Tonne hinabzurutschen.

Am überdimensionalen Hofpanoramaglas weitet sie sich zur Schlafraumgaupe, der zum Lüften zwei Bullaugen eingeschnitten sind. Die schmalen Fenster mit den zarten Profilen kommen - über die verschlungenen Pfade des World Wide Webs - aus der Schweiz; auch die mit Kühlwasser beschickbare Fußbodenheizung fanden die Architekten im Internet, einem unverzichtbaren Recherche-Tool für viele Details.

Baderaumbauch

Sie selbst bewohnen die kleinere, feine Tonnenversion aus Teakholz: Unter dem Bogen mit bündig integriertem Licht ruht das Bett, im sechs Meter langen Baderaumbauch ist die frei stehende Holzwanne untergebracht. Durch spannende Perspektiven und einen Luftraum gleitet man die Stiege hinab ins Foyer, wo sich das Home mit baumelndem Kaminkessel am Küchendurchbruch vom Office scheidet. Großräumig windet es sich mit einem weiten Horizontalpanorama unterm schrägen Oberlichtband ums Hauseck.

Am begrünten Dachstreifen darüber setzt die Eckterrasse an. Den Kaminschlot zieren zarte Solarkollektoren, die sich in schimmernden Glasröhren nach dem Licht drehen. Sie spenden Schatten am freiem Himmel über Wien, ein Kreis schließt sich. (Isabella Marboe, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.8.2006)